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15. Polizeiverordnung, betr. den Berkehr mit verflüssigten und verdichteten
Gasen, vom 15. September 1905. (Amtsbl. S. 301.)
Auf Grund der §§ 137 und 139 des Gesetzes über die allgemeine
Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (Ges.-S. S. 195 ff.) und der §5 6, 12
und 15 des Gesetzes über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 (Ges.-S.
S. 265) sowie auf Grund des Gesetzes, betr. die Kosten der Prüfung üÜber-
wachungsbedürftiger Anlagen vom 8. Juli 1905 (Ges.-S. S. 317) wird hier-
mit unter Zustimmung des Bezirksausschusses für den Umfang des Regierungs-
bezirks Oppeln nachstehendes angeordnet.
§ 1. Geltungsbereich der Verordnung.
Die gegenwärtige Polizeiverordnung erstreckt sich auf den Verkehr
mit Kohlensäure, Ammoniak, Chlor, wacfterfreier schwefliger Säure, Chlor-
kohlenoxyd (Phosgen), Stickoxydul, Acetylen, Grubengas, Leuchigas (auch
Fettgas), Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Luft, in verflüssigtem oder
verdichtetem Zustande.
Auf kleine Mengen verflüssigter oder verdichteter Gase bis zu 100 ccm
einschließlich finden die Bestimmungen dieser Verordnung keine Anwendung.
§ 2. Zulässiger Baustoff der Behälter für verflüssigte und
verdichtete Gase.
Die nach § 1 unter diese Verordnung fallenden verflüssigten oder ver-
dichteten Gase müssen in Behältern aus Schweißeisen, Flußeisen (Flußstahl)
oder Formflußeisen (Stahlformguß oder Gußstahl) befördert und aufbewahrt
werden. Chlorkohlenoxyd und verdichtete Gase, deren Druck 20 Atmosphären
nicht übersteigt, dürfen mit Ausnahme des Azetylens auch in kupfernen Be-
hältern, verflüssigte Luft darf nur in nicht gasdicht verschlossenen Behältern,
deren Material beliebig ist, befördert und aufbewahrt werden.
§ 3. Anforderungen an die Wandstärke und Beschaffenheit des
Baustoffes der Behälter.
a) Flaschen.
Die Wandstärken neuer, im Verkehr als „Flaschen“ bezeichneter eiserner
Behälter für verflüssigte und verdichtete Gase sind so zu bemessen, daß ihre
schwächste Stelle bei dem Probedruck (§ 4) nicht über 30 kg auf das Quadrat-
millimeter beansprucht wird. Außerdem muß die aus der schwächsten Stelle
der Wandungen und dem Probedruck zu berechnende Beanspruchung min-
destens um ein Drittel unter der Spannung an der Streckgrenze liegen. Bau-
stoff, dessen Streckgrenze höher als 45 kg oder dessen Dehnung in einer
der Faserrichtungen geringer als 12 mm bei 100 mm Zerreißlänge liegt,
ist nicht zulässig. Als Streckgrenze gilt diejenige Spannung, welche an der
Maschine durch Beobachtung klar erkannt wird, im Zweifelsfall diejenige
Spannung, welche eine bleibende Längenänderung des Probestreifens über
Oon der ursprünglichen Länge hervorruft.
Die Wandstärke der Behälter muß mindestens 3 mm betragen. Neue
Ehölter müssen vor ihrer Prüfung und Verwendung sorgfältig ausgeglüht
werden.
Die Ermittelung der Streckgrenze und Dehnung erfolgt durch Zerreiß-
proben aus den fertigen Flaschen. Letztere sind bei Schweißeisen in Gruppen
von je 200, bei Flußeisen, Flußstahl, Formflußeisen oder Gußstahl nach