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7. Lamdespolizeiliche Anordnung, betr. die Gestügelcholeras und die Hühner-
pest, vom 18. Jamnar 1904. (Amtsbl. S. 86.)
Nachdem durch die Bekanntmachungen des Herrn Reichskanzlers vom 16.
und 17. Mai 1903 (R.-G.-Bl. S. 223 und 224) die Anzeigepflicht für
die mit „Geflügelcholera“ und „Hühnerpest“ bezeichneten Geflügelseuchen ein-
eführt worden ist, ordne ich zugleich im Hinblick auf die zurzeit bestehende
Aifaohr der Verbreitung dieser Seuchen und auf Grund der §§ 18 bis 29
des Reichsgesetzes, betr. die Abwehr und Unterdrückung der Biehseuchen vom
. (R.-G.-Bl. S. 153/409), des § 1 des preußischen Ausführungs-
gesetzes zu diesem Gesetze vom 12. März 1881 (Ges.-S. S. 128) sowie des
§5 11 der Bundesratsinstruktion vom 1895 (R.-G.-Bl. S. 395) mit
Genehmigung des Herrn Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten
bis auf weiteres folgendes an:
#5D# 1. Bricht in einem Geflügelbestande die Geflügelcholera oder die
Hühnerpest aus, oder zeigen sich bei Geflügel Erscheinungen, die den Ausbruch
einer dieser Seuchen befürchten lassen, so hat der Beter oder dessen Ver-
treter (ogl. § 9 Abs. 1 und 2 des Reichsviehseuchengesetzes) sofort davon der
Ortspolizeibehörde Anzeige zu erstatten und schon vor der amtlichen Fest-
stellung der Seuche das gesamte Geflügel des Bestandes (Gänse, Enten,
Tauben, Hühner aller Art einschließlich Truthühner, Pfauen, Fasanen) von
öffentlichen Wegen und Wasserläufen, sowie von Orten, die für fremdes Ge-
flügel zugänglich sind, fern zu halten.
Auch hat er verendetes oder getötetes Geflügel des Bestandes durch An-
wendung hoher Hitzegrade (Kochen bis zum Zerfall der Weichteile, trockene
Destillation, Verbrennen) oder nach Bestreuen mit frischgelöschtem (Aetz-) Kalk
durch Vergraben in Gruben, die von einer mindestens ½ m starken Erd-
schicht bedeckt sein müssen, ulkschädlich zu beseitigen. Jedoch sind einige
Kadaver zur Feststellung der Todesursache in einem verschlossenen Behälter
aufzubewahren, sofern die Seuche in der betreffenden Ortschaft noch nicht
festgestellt ist (ogl. § 4).
Die Anzeigepflicht liegt auch den im § 9 Abs. 3 des Reichsviehseuchen-
gesetzes bezeichneten Personen ob.
§ 2. Die Ortspolizeibehörde hat, sobald sie durch die Anzeige (§ 1)
oder auf anderem Wege von dem Ausbruche der Geflügelcholera oder der
ühnerpest oder von dem Verdachte des Ausbruchs einer dieser Seuchen
untnis erhalten hat, sofort den beamteten Tierarzt zur Festellung der
Seuche zuzuziehen (ogl. jedoch § 4).
In eiligen Fällen kann der beamtete Tierarzt schon vor polizeilichem
Einschreiten die sofortige Einsperrung und Absonderung des erkrankten und
verdächtigen Geflügels anordnen. Die getroffenen vorläusigen Anordnungen
sind dem Besitzer der Tiere oder dessen Vertreter entweder zu Protokoll
oder durch schriftliche Verfügung zu eröffnen, auch ist der Ortspolizeibehörde
davon Anzeige zu machen.
§ 3. Die gutachtliche Erklärung des beamteten Tierarztes über den
Ausbruch der Seuche ist tunlichst auf das Ergebnis einer unter Anwendung
der üblichen bakteriologischen Methoden vorgenommenen Untersuchung zu
gründen.
Auf die gutachtliche Erklärung des beamteten Tierarztes, daß der Aus-
bruch der Seuche festgestellt sei, hat die Ortspolizeibehörde die in den nach-
stehenden Paragraphen vorgeschriebenen Schutzmaßregeln anzuordnen und
für die Dauer der Gefahr wirksam durchzuführen.