Object: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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§. 83. 
Der Richter kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere 
Sachverständige anordnen, wenn er das Gutachten für ungenügend erachtet. 
Der Richter kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen 
anordnen,  wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg 
abgelehnt ist. 
In wichtigeren Fällen kann das Gutachten einer Fachbehörde eingeholt werden. 
§. 84. 
Der Sachverständige hat nach Maßgabe der Gebührenordnung Anspruch 
auf Entschädigung für Zeitversäumniß, auf Erstattung der ihm verursachten 
Kosten und außerdem auf angemessene Vergütung für seine Mühewaltung. 
§. 85. 
Insoweit zum Beweise vergangener Thatsachen oder Zustände, zu deren 
Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich war, fachkundige Personen zu 
vernehmen sind, kommen die Vorschriften über den Zeugenbeweis zur Anwendung. 
§. 86. 
Findet die Einnahme eines richterlichen Augenscheins statt, so ist im Pro= 
tokolle der vorgefundene Sachbestand festzustellen und darüber Auskunft zu geben, 
welche Spuren oder Merkmale, deren Vorhandensein nach der besonderen Be= 
schaffenheit des Falles vermuthet werden konnte, gefehlt haben. 
§. 87. 
Die richterliche Leichenschau wird unter Zuziehung eines Arztes, die Leichen= 
öffnung im Beisein des Richters von zwei Aerzten, unter welchen sich ein Ge= 
richtsarzt befinden muß, vorgenommen. Demjenigen Arzte, welcher den Ver= 
storbenen in der dem Tode unmittelbar vorausgegangenen Krankheit behandelt 
hat, ist die Leichenöffung nicht zu übertragen. Derselbe kann jedoch auf= 
gefordert werden, der Leichenöffnung anzuwohnen, um aus der Krankheitsgeschichte 
Aufschlüsse zu geben. 
Die Zuziehung eines Arztes kann bei der Leichenschau unterbleiben, wenn 
sie nach dem Ermessen des Richters entbehrlich ist. 
Behufs der Besichtigung oder Oeffnung einer schon beerdigten Leiche ist 
ihre Ausgrabung statthaft.  
§. 88. 
Vor der Leichenöffnung ist, wenn nicht besondere Hindernisse entgegen= 
stehen, die Persönlichkeit des Verstorbenen, insbesondere durch Befragung von 
Personen, welche den Verstorbenen gekannt haben, festzustellen. Ist ein Be= 
schuldigter vorhanden, so ist ihm die Leiche zur Anerkennung vorzuzeigen. 
§. 89. 
Die Leichenöffnung muß sich, soweit der Zustand der Leiche dies gestattet 
stets auf die Oeffnung der Kopf-, Brust- und Bauchhõhle erstrecken. 
	        
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