Full text: Also sprach Bismarck. Band I. 1846 - 1870. (1)

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Petersburg, Ende Februar 1862. 
Unterredung mit dem Fürsten Gortschakow, 
betreffend die deutsche Frage. 
Bismarcks Unterhaltung mit dem kaiserlichen Minister 
knüpfte an die von den deutschen Mittelstaaten geplante Reform 
der deutschen Bundesverfassung an. 
Gortschakow: „Ich habe den Gesandten der deutschen 
Mittelstaaten, die mich ausholen wollten, was sie im Falle 
eines Konfliktes mit Preußen von Rußland zu erwarten hätten, 
nicht verhehlt, daß wir ihr gereiztes Verhalten nicht billigen 
könnten, und daß sie gut täten, ihr Auge viel mehr nach 
Preußen als nach Oesterreich oder gar nach Frankreich zu 
richten, wollten sie bei einer europäischen Konflagration nicht 
Gefahr laufen, ihre Existenz einzubüßen. Andererseits sollte 
aber auch Preußen alles tun, um Zerwürfnissen in Deutschland 
vorzubeugen und dort die Einigkeit zu erhalten. Ich wieder- 
hole nur, was ich Eurer Exzellenz schon zum öfteren gesagt 
habe: Weil Rußland ein ausgesprochenes Friedensbedürfnis 
besitzt, so legt es auf die Konsolidierung der Defensivkraft 
Deutschlands entschieden Wert. Wen sollten wir lieber an der 
Spitze Deutschlands sehen, als das uns am meisten befreundete 
Preußen; es sollte sich dafür aber auch hüten, durch eine zu 
energische Verfolgung seiner von uns im Prinzipe gebilligten 
Ziele, die kleineren Staaten nach einer neuen Rheinbunds- 
politik lüstern zu machen.“ 
Bismarck: „Ich bin weit entfernt, behaupten zu wollen, 
daß einer der deutschen Souveräne sich mit der Absicht trägt, 
bundbrüchig zu werden. Wie die Dinge liegen, muß Preußen 
aber immer mit der Möglichkeit rechnen, daß die kleineren 
Staaten bei einem Kriege mit Frankreich, wenn das Kriegs- 
glück uns nicht günstig ist, die Reihen der Bundesarmee ver- 
lassen und damit gerade in dem Augenblicke, wo wir ihre 
Kontingente am nötigsten hätten, die feindlichen Armeen ver-
	        
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