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betrachtet. Schließlich wird es zu einer Sache der Sicherheit,
und wir werden gezwungen sein, Ihnen den Krieg zu erklären.
Wir sind noch nicht auf diesem Punkte, Ihre Minister sind
noch keine Klerikalen, ich fürchte aber, sie werden auf die
Dauer den ultramontanen Bestrebungen gegenüber nicht kräftig
genug sein. Seit dem Vatikanischen Konzil hat sich die ganze
Lage der katholischen Kirche von Grund aus geändert. Die
Bischöfe gehören sich jetzt nicht mehr selbst an, sie sind die
Satelliten, die Instrumente des Papstes geworden. Vor
der Verkündigung des Dogmas erfreuten sie sich eines ge-
wissen Grades von Selbständigkeit; sie waren mit den römi-
schen Senatoren unter der Republik zu vergleichen; heute sind
sie zur Rolle der römischen Senatoren unter dem Kaiser-
reich degradiert. Sie unterliegen in allem dem Willen des
Papstes und ein Wort von Pius IX. genügt, eine Verwir-
rung in der ganzen katholischen Welt hervorzurufen.
Nach Erlaß der letzten, gegen uns gerichteten Enzyklika
hat eine Anzahl Ihrer Bischöfe Hirtenbriefe erlassen; die
anderen werden folgen, und wenn sie sich auch in ihrer Sprache
mäßigen, so werden sie doch ebenso wie ihre Vorgänger
denken und gegen uns handeln. Und wenn die französische
Regierung nicht vorbeugt, so werden sie einen wahren Kreuz-
zug gegen uns in Szene setzen. Sie ermessen, wie gefährlich
es wäre, wenn sich die ultramontanen Einflüsse auch im Schoße
Ihrer Regierung breit machten.
In dem Konflikte mit der katholischen Kirche bin ich fest
entschlossen, nicht nachzugeben. Ein Bischof sagte mir, er und
seine Kollegen würden die Verhältnisse bis zum Bürger-
kriege treiben, ehe sie sich den letzten Kirchengesetzen in
Preußen fügten. Angesichts solcher Drohungen können wir
nicht zurückweichen. Wir kämpfen um die Unabhängig-
keit des Staates, wie ein solcher Kampf im Mittelalter zwischen
den Kaisern und Päpsten geführt wurde. Auf dem Posten,
auf den ich gestellt bin, ist es meine Pflicht, die Alliierten
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