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bin ich gar nicht einverstanden, nicht etwa aus religiösen Be—
denken, denn die habe ich nicht dagegen, sondern weil ich
die Einführung derselben für einen politischen Fehler halte.
Die Zivilehe liegt dem Bewußtsein des Volkes so fern,
daß ihre Einführung bei der großen Mehrheit desselben Wider-
spruch finden und Unzufriedenheit erregen muß. Wenn man
aber glaubt, dadurch dem Einflusse des katholischen Klerus
entgegenwirken zu können, so ist man in einem großen FIrr-
tum; gerade in den Ländern, in welchen die Zivilehe be-
steht, ist der Einfluß des katholischen Klerus der größte.
Aber was hätte ich machen können? Camphausen und Falk
hätten wieder mit ihrem Abgange gedroht, wenn ich nicht
unterschrieben, und da habe ich denn nachgeben müssen. Ganz
so ist es auch mit den Kirchengesetzen — den sogenannten
Maigesetzen — gegangen. Da hat mir das Ministerium die
dicken Entwürfe derselben mit noch viel dickeren Motiven und
Erläuterungen auf das Land geschickt; ich war gerade sehr
unwohl und gar nicht aufgelegt und kräftig genug zu einer
solchen Arbeit, auch kam mir die ganze Sache sehr bedenklich
vor; ich habe daher Einwendungen gemacht. Hier aber hat
das ganze Ministerium — Camphausen und Falk immer
voran — mit seinem sofortigen Abgange gedroht, wenn ich
mich nicht fügte und da ich den Zerfall dieses Ministeriums
damals für ein großes Unglück für Preußen hielt, so habe
ich auch hier nachgegeben und, um nur Ruhe zu haben und
den Zerfall des Ministeriums zu verhindern, die Entwürfe unter-
zeichnet, ohne sie gelesen zu haben. Jetzt bedaure ich freilich, daß ich
jene Gesetze, ehe ich sie unterschrieb, nicht weniostens gelesen
habe, es steht doch gar zu viel dummes Zeug darin, was
ich gewiß herausgestrichen hätte. Ich bitte Sie dringend, dies
alles Ihrem Könige zu sagen und ihn zu bitten, daß er mich
nicht für das verantwortlich machen wolle, was in den letzten
zwei Jahren in Preußen geschehen ist; ich bin daran ganz
unschuldig.“