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Dann verließ Bismardck diesen Gegenstand und begann
Friesen auseinanderzusetzen, wie es gekommen sei, daß er sich
in der letzten Zeit den liberalen Parteien so sehr habe nähern
müssen, obgleich das seiner Natur eigentlich ganz zuwider sei
und er gar keine Sympathie für den Liberalismus und die
Liberalen habe. „Daran ist ganz allein und ausschließlich
die preußische konservative Partei schuld; diese, der ich ja meiner
ganzen Vergangenheit nach selbst angehöre, hat mich schmählich
verlassen. In ihrer Kurzsichtigkeit und Beschränktheit hat diese
Partei nicht eingesehen, daß große Veränderungen in den
Staatseinrichtungen ganz unvermeidlich sind und daß es daher
in ihrem eigenen Interesse liegt, mich bei der Durchführung
derselben zu unterstützen und dabei selbsttätig mitzuwirken,
denn nur auf diese Weise war es möglich, einen großen
Einfluß des Liberalismus auf die Umgestaltungen und auf
die neu zu schaffenden Einrichtungen zu verhindern. In un-
begreiflicher Verblendung hat aber die konservative Partei
dies nicht getan, mich vielmehr nicht bloß ohne jede Unter-
stützung gelassen, sondern mir sogar bei der Durchführung der
unbedingt notwendigen Maßregeln auf jede mögliche Weise
Schwierigkeiten und Hindernisse bereitet. Jetzt bin ich mit
diesen Herren ganz zerfallen, ich kenne meine ältesten und
besten Freunde nicht mehr und wenn ich einem derselben be-
gegne — wie es vor kurzem mit einem nahen Verwandten
und alten Freunde der Fall gewesen — so sieht der eine
rechts und der andere links und wir grüßen uns nicht mehr.
Schon bei dem Schulaufsichtsgesetze, wo diese Feindseligkeit
gegen mich zuerst hervorgetreten, habe ich den Herren vor-
ausgesagt, wie es kommen wird und kommen muß. Ich kann
natürlich das, was ich unternommen habe, nicht aufgeben, ich
muß es vielmehr durchführen und deshalb fortkämpfen. Wenn
nun die Partei, die mich dabei in ihrem eigenen Interesse
unterstützen sollte, auf die ich gerechnet habe, weil sie aus
meinen Freunden besteht, mich verläßt und sogar mir feind-