— 455 —
noch mit dem Kaiser sprechen. Der Kaiser ist der Chef der
Armee.“
Crispi antwortete, da sein Vorschlag im Prinzip angenom.
men sei, so bliebe nichts übrig, als auch Oesterreich zu einer
bejahenden Zusage zu veranlassen. „Oesterreich ist ein Reich
mit vielen Sprachen, zusammengesetzt aus verschiedenen Na-
tionalitäten. Ich respektiere Oesterreich, weil ich die Ver.
träge respektiere. Oesterreich ist für das europäische Gleich-
gewicht unerläßlich und Italien wird ein treuer Bundesgenosse
des benachbarten Reiches sein. Ich lege Wert darauf, diese
Erklärung abzugeben, da ich zu der Zeit, als es noch die ita-
lienischen Provinzen hatte, sein Feind war und dagegen kon-
spirierte. Und da ich aufrichtig bin und haben möchte, daß
die österreichisch-italienischen Beziehungen nichts zu wünschen
übrig lassen, so möchte ich Sie bitten, bei dem Wiener Ka-
binett für eine Frage einzutreten, deren Lösung uns alle
interessiert, vorzugsweise aber Oesterreich und Italien. In
unserem Nachbarreiche befindet sich eine zahlreiche italienische
Bevölkerung, die nach allen Gesichtspunkten eine Bedeutung
beansprucht. Oesterreich sollte sich die Sympathien dieser Be-
völkerung erwerben. Ich verlange keine Privilegien für diese
Bevölkerung, ich wünsche nur, daß sie mit demselben Wohl-
wollen behandelt werde, wie alle anderen Nationalitäten des
Reiches. Oesterreich würde dadurch gewinnen, wenn es jedes
Motiv zur Unordnung beseitigte. Sie können sich nicht denken,
Durchlaucht, welche Nachteile aus einer schlechten Behandlung
unserer Brüder daselbst erwachsen, und in welche Schwierigkeiten
Oesterreich oft die italienische Regierung versetzt. So oft nach
Italien Nachrichten kommen, daß Italiener in Oesterreich verge-
waltigt werden, bäumt sich das nationale Gefühl auf, und
die politischen Parteien profitieren davon, um die öffent-
liche Ruhe zu stören; Oesterreich kann nur bestehen und
stark sein, unter der Bedingung, daß es die verschiedenen
Nationalitäten seines Reiches respektiert.“