Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Arbeitskammern — Arbeitslosenversicherung. 
Von den Abänderungen und Ergänzun- 
gen des Entwurfes durch die vom Reichs- 
tage eingesetzte Kommission seien hier 
genannt: Dem $ 3 sind am Schluß zwei 
neue Ziffern hinzugefügt. Die A sollen auf 
Anrufen der Beteiligten beim Abschluß 
von Tarifverträgen mitwirken und die Ein- 
richtung von paritätischen Arbeitsnach- 
weisen fördern. Die Kommission hat fer- 
ner im $ 7 die Betriebsbeamten, Werk- 
meister und Techniker ausgeschlossen. 
Diese Arbeiterkategorie war, wie oben 
angegeben, in der Begründung des Ent- 
wurfes angeführt als eine solche, welche 
A erhalten solle. Dagegen wurden von 
der Kommission die Arbeitgeber und Ar- 
beiter der Fabriken und Werkstätten der 
Eisenbahnen aufgenommen. Welche Stel- 
lung zu diesem Vorschlage die Reichsre- 
gierung einnehmen wird, bleibt abzuwar- 
ten. Im Abschnitt II „Wahlberechtigung 
und Wählbarkeit‘‘ bezeichnete die Kom- 
mission die Vollendung des 21. Lebens- 
jahres als ausreichend zur Wahlberechti- 
gung (Entwurf: Vollendung des 25. Le- 
bensjahres). Ebenso wurde herabgesetzt 
das Alter der Wählbarkeit vom 30. auf das 
25. Lebensjahr. Alsdann ist durch Ein- 
fügung einer Bestimmung den Beamten 
der Berufsvereine die Möglichkeit gebo- 
ten, Mitglieder der Kammer zu werden. 
Wahrscheinlich dürfte die Reichsregie- 
rung dem letzten Vorschlage gegenüber 
Widerstand leisten. 
Siehe im übrigen die Zusammenstel- 
lungen im Gewerbe- und Kaufmannsge- 
richt 14 233 ff und 257 ff. 
Es besteht alle Aussicht, daß — trotz 
der heftigen Angriffe eines großen Teils 
der Industriellen bereits auf den Entwurf 
— ein Arbeitskammergesetz zustande 
kommt. 
Die Schriften von Harms; Harms und v. Schulz 
(II. Generalversammlung der Gesellschaft für soziale Re- 
form, Schriften der Oesellschaft 2 Heft 4); Flesch im 
Gewerbe- und Kaufmannsgericht 13 48 ff, 123 ff, 14 185; 
Prenner in der Bellage der Münchener Neuesten Nach- 
richten vom 4. u. 5. Febr 1909; Wölbling im Preuß 
VerwBl vom 27. Febr 1909. v. Schulz. 
Arbeitskarte. Die A war durch die 
Novelle vom 17. Juli 1878, RGBI 199, für 
die in Fabriken beschäftigten schulpflich- 
tigen Kinder eingeführt, Gw 137, in der 
Fassung vom 1. Juli 1883, RGBI 177. Die 
Vorschriften bestanden bis zum Inkraft- 
treten der Novelle zur Gw vom 1. Juni 
1891, RGBI 261. Sie sind dort deswegen 
nicht wieder aufgenommen worden, weil 
die Beschäftigung solcher Kinder, für 
welche die A bestimmt waren, verboten 
  
111 
wurde, Gw 135. Da sich jedoch die Ein- 
richtung während ihres Bestehens be- 
währt hatte, ist sie durch das KSchG vom 
30. März 1903, RGBI 113, für die Beschäf- 
tigung fremder Kinder in stehenden Ge- 
werbebetrieben wieder eingeführt wor- 
den. Ursprünglich sollte die A nicht einen 
Erlaubnisschein darstellen, sondern als 
Kontrollmittel dienen. Später ist dann im 
KSchG 20 die Möglichkeit vorgesehen, die 
A zu entziehen und die Erteilung einer 
neuen A zu verweigern, sofern bei der 
sonst zulässigen Beschäftigung von Kin- 
dern erhebliche Mißstände zutage getre- 
ten sind. Über das Verfahren bei Aus- 
stellung von A, welches im wesentlichen 
das gleiche ist wie dasjenige bei Aus- 
stellung von Arbeitsbüchern, s. die preu- 
Bische Ausf-Anw vom 30. Nov 1903, 
HMBI 368, wo auch das Formular der A 
festgesetzt ist. Die Pflichten des Arbeit- 
gebers bei Behandlung der A sind die- 
selben wie beim Arbeitsbuch. 
GGG 4 vom 29. Sept 1901, RGBiI 353, 
über die Zuständigkeit der GG für Strei- 
tigkeiten hinsichtlich der Arbeitsbücher 
findet auf die A entsprechende Anwen- 
dung. Über die etwaige Zuständigkeit der 
Innungsschiedsgerichte herrscht Zweifel. 
Roh mer Kinderschutzgesetz $ 11, auch in v. Land- 
mann Kommentar zur (w 2; Agahd 
Kinderschutzgesetz $ 11 S. 121 (3. Aufl). v. Schulz. 
Arbeitslosenversicherun (Versi- 
cherung gegen Arbeitslosigkeit) ist eine 
Versicherung gegen die Nachteile der Ar- 
beitslosigkeit. Das Problem ist im Deut- 
schen Reiche, von Versuchen in Köln und 
Leipzig abgesehen, noch nicht gelöst, im 
Auslande (Bern, Basel, Mailand) miß- 
glückt. Statistische Grundlagen fehlen, 
sind in zuverlässiger Weise auch kaum 
beschaffbar. Die A muß naturgemäß alle 
Fälle von ihren Vorteilen ausschließen, in 
denen die Arbeitslosigkeit nicht rein ka- 
suell ist (Unlust, Trägheit, Unverträglich- 
keit); inwieweit ein Streik die Inanspruch- 
nahme der A rechtfertigt, hängt von der 
Regelung der Deckung ab. Werden die 
Mittel ausschließlich von Arbeitern auf- 
gebracht, so ist es ihrer Entscheidung zu 
überlassen, ob eine Arbeitseinstellung als 
berechtigt anerkannt wird. Beteiligen sich 
aber auch die Unternehmer an der A, so 
wird kaum eine beide Teile befriedigende 
Entscheidung solcher Zweifelsfälle zu er- 
warten sein. Auch die Kontrolle der Ar- 
beitslosen wird schwierig, wenn Reviso- 
ren der Unternehmer sich daran beteili- 
und v. Schulz
	        
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