Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Abgeordnetenhaus — Abholungsanspruch. 9 
öffentlich, jedoch tritt jedes Haus auf den 
Antrag seines Präsidenten oder von zehn 
Mitgliedern zu einer geheimen Sitzung zu- 
sammen, in welcher dann zunächst über 
diesen Antrag zu beschließen ist, V 79. 
Der Geschäftsgang des Abgeordneten- 
hauses regelt sich nach der Geschäfts- 
ordnung vom 16. Mai 1876 (StenB Ab- 
geordh. 1876 Anl. Bd. 2 Aktenst. Nr. 219 
1376 ff). Zur Beschlußfassung ist die An- 
wesenheit der Mehrheit der gesetzlichen 
Anzahl der Mitglieder erforderlich. Die 
Beschlußfassung erfolgt nach absoluter 
Stimmenmehrheit, V 80, auch bei Ver- 
fassungsänderungen. Bei diesen müssen 
zwei Abstimmungen erfolgen, zwischen 
welchen ein Zeitraum von mindestens 
21 Tagen liegen muß, V 107. 
Die ursprünglich, V 73, auf 3 Jahre fest- 
gesetzte Legislaturperiode dauert 5 Jahre, 
Gesetz vom 27. Mai 1888. 
Die Mitglieder des Abgeordnetenhau- 
ses leisten dem Könige den Eid der Treue 
und des Gehorsams und beschwören die 
gewissenhafte Beobachtung der Verfas- 
sung, V 108 Abs. 1. Sie sind Vertreter 
des ganzen Volkes und stimmen nach ih- | 
rer freien Überzeugung; sie sind an Auf- 
träge und Instruktionen nicht gebunden, 
V 83. Sie erhalten Reisekosten und täg- 
lich 15 Mk. Diäten, auf welche ein Ver- 
zicht unstatthaft ist, V 85 und Gesetz, be- 
treffend die Reisekosten und Diäten der 
Mitglieder des Hauses der Abgeordneten, 
vom 24. Juli 1876 — GS 345. Die Abge- 
ordneten dürfen außerhalb des Hauses 
wegen ihrer Abstimmung oder wegen der 
in Ausübung ihres Berufes getanen Äuße- 
rung nicht zur Verantwortung gezogen 
werden, S 11. Kein Abgeordneter kann 
ohne Genehmigung des Hauses während 
der Sitzungsperiode wegen einer mit 
Strafe bedrohten Handlung zur Unter- 
suchung gezogen oder verhaftet werden, 
außer wenn er bei Ausübung der Tat oder 
im Laufe des nächstfolgenden Tages nach 
derselben ergriffen wird. Auf Verlangen 
des Abgeordnetenhauses ist jedes Straf- 
verfahren gegen ein Mitglied des Hauses 
und jede Untersuchungs- oder Zivilhaft 
(aber nicht Strafhaft) für die Dauer der 
Sitzungsperiode aufzuheben, V 84. 
Bezüglich der Ausübung der gesetz- 
gebenden Gewalt, V 62, der Zustimmung 
zu Verträgen mit fremden Regierungen, 
V 48, des Rechtes der Information, V 82, 
der Initiative, V 64, und der Prüfung der 
  
  
—— mn 
Rechtsgültigkeit von Königlichen Verord- 
' nungen, V 106 Abs. 2, s. unter Landtag. 
v. Rönne-Zorn Das Staatsrecht der preußischen Mon- 
archie. 5. Aufl. 1889. 1906. 88 21fl. — Schulze Preußisches 
Staatsrecht. 2. Aufl. 1888. 88 151 fl. — Bornhak Preußisches 
Staatsrecht 1888 88 58 ff. Falck. 
Abgesonderte Befriedigung s. Ab- 
sonderungsrecht. 
Abhalten vom Beschwerdeführen 
s. Militärische Verbrechen und Vergehen. 
Abhanden gekommene Sachen s. 
Schutz des guten Glaubens. 
Abhängigkeitserfindung s. Haupt- 
patent. 
Abholung (Postrecht). Die Postver- 
waltung ist für die richtige Bestellung 
nicht verantwortlich, wenn der Adressat 
erklärt hat, selbst abzuholen oder abholen 
zu lassen, Po 48. Will ein Empfänger 
diese Befugnis gebrauchen, so hat er ein 
diese Erklärung enthaltendes Formular 
bei der Postanstalt niederzulegen, Po 
42. Dem Abholer kann ein verschließ- 
bares Abholungsfach (Schließfach) über- 
lassen werden; für das Fach nebst 
zwei Schlüsseln ist eine jährliche Gebühr 
von 12 M, bei größerer Abmessung von 
18 M zu entrichten. 
Abholungsanspruch ist ein dem Be- 
sitzer gemäß B 867 gewährtes Schutzmit- 
tel, um in Fällen, in denen weder eine 
Besitzentziehung noch eine Besitzstörung 
(s. d.) vorliegt noch außerdem der Her- 
ausgabeanspruch begründet ist, in den Be- 
sitz der Sache zu gelangen. 
Ist eine Sache aus der Gewalt des 
Besitzers auf ein im Besitze eines an- 
deren befindliches Grundstück gelangt, 
so hat ihm der Besitzer des Grund- 
stückes die Aufsuchung und die Weg- 
schaffung zu gestatten, sofern nicht 
die Sache inzwischen in Besitz genommen 
worden ist; der Besitzer des Grund- 
stückes kann Ersatz des durch die Auf- 
suchung und die Wegschaffung entstehen- 
den Schadens verlangen. Er kann, wenn 
die Entstehung eines Schadens zu besor- 
gen ist, die Gestattung verweigern, bis 
ihm Sicherheit geleistet wird, also eine 
cautio damni infecti (s. d.). Die Verwei- 
gerung ist jedoch unzulässig, wenn mit 
dem Aufschub Gefahr verbunden ist. 
Der Abholungsanspruch kann anal bei Mobilien, in 
denen sich fremde Sachen befinden, z. B. Schiffen, Reise- 
wagen, angewendet werden; vgl Planck Kommentar? 
Es besteht ferner ein analoger Abho- 
lungsanspruch des Eigentümers, wenn 
seine Sache auf einem in fremdem Besitze 
stehenden Grundstücke sich befindet, B
	        
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