138
2. Die Voraussetzungen des Ag sind
einmal: parteiseitiger Beweisantritt, der
prozessual durch Bezeichnung des Gegen-
stands des Ag und Angabe der zu bewei-
senden Tatsachen zu erfolgen hat, Z 371,
ferner: Anordnung von Amts wegen, Z
144, natürlich im Rahmen des Parteivor-
bringens. In beiden Fällen kann das Pro-
zeßgericht zugleich von Amts wegen die
Zuziehung von Sachverständigen bei der
Augenscheineinnahme anordnen, Z 372
Abs 1.
3. Augenscheinsgegenstände können
alle Sachen sein; nur Urkunden sind aus-
genommen, für welche die besonderen
Vorschriften der Z 420, 422—432 gelten.
4. Die Ausführung des Ag erfordert
Vorweisung des Augenscheinsobjekts.
5. Die Pflicht hierzu ist materiellrecht-
lich, nach dem B 809 f zu beurteilen,
nur durch besonderen Prozeß erzwing-
bar, zu dessen Anstrengung und Durch-
führung nötigenfalls eine Aussetzung des
Rechtsstreits gemäß Z 148 zu erfolgen hat.
6. Die Nichtvorweisung eines Augen-
scheinsobjekts, das in der Verfügungsge-
walt der Prozeßparteien selbst sich be-
findet, kann aber — ohne Sonderprozeß —
zu folgenden Feststellungen führen:
Die Weigerung des Beweisführers be-
wirkt den Verlust des Beweismittels ge-
mäß Z 230.
Die Weigerung des Gegners kann nach
Z 286 beurteilt werden.
Streitig ist die Verpflichtung zu kör-
perlicher Untersuchung.
Reincke A $8 371, 372; RG 46 868 (Nichtvorzeigung
durch besitzenden Beweisfübrer); RG 16 151 (kein privat-
rechtlicher Anspruch auf I,eichenausgrabung); Jurist. Wochen-
schrift 1903 26 und Recht 1903 107 (körperliche Untersuchungs-
pficht): Gaupp-Steln A zu 88 371—372; Kohler Pro-
zeßrechti. Forschungen 79. Samter.
Augenschein (Strafprozeß), C 86; das
Protokoll hat den vorgefundenen Tatbe-
stand (Sachbestand) festzustellen, insbe-
sondere auch das Nichtvorhandensein von
gewöhnlich zu erwartenden Spuren und
Merkmalen zu erörtern.
Siehe Leichenschau, Leichenöffnung. — Vgl namentlich
Anuschat Die Augenscheinsel hme im deutschen
Reichsstrafprozesse, 1909. P
Augsburger Religionsfriede s. Re-
formation.
Augurn s. Priesterkollegien.
Augustin von Hippo s. Christliche
Philosophie.
Augustini, Triumphi de Ancona (1243
bis 1328), legte in seiner christlichen
Staatslehre: Summa de ecclesiastica po-
testate, Augustae 1473 (u. ö.), dem mit
Augenschein im Zivilprozeßverfahren — Ausbleiben.
aller göttlichen Macht ausgestatteten
Papste deshalb auch jede weltliche Macht
bei und negierte das Bestehen weltlicher
Staaten aus dem Vorhandensein des kle-
rikalen absoluten Staates. Bogeng.
Augustinus, Antonius, aus Saragossa
(1517—86), der bedeutendste spanische
Vertreter der philologisch - historischen
Methode, besonders bekannt durch seine
Kollation der Florentina, in der er gegen
Haloander polemisierte (Emendationum
et opinionum libri IV. Ven. 1543 [Basel
1544]); seine 1544 vollendeten Vorarbei-
ten für eine neue Ausgabe des Corpus ju-
ris auf Grund einer Vergleichung der Ve-
netianer und Florentiner Handschrift ver-
wertete er nicht.
Von seinen übrigen Schriften (deren Gesamt-
ausgabe als Opera J. Roch besorgte, Lucca 1765
bis 1774, 8) ist noch besonders hervorzuheben
der Tractatus de nominibus propriis rov zardexrov
florentini, Tarracone 1574 (n. T. Barcinone 1592;
und in Otto Thesaurus juris Romani® Traj ad
Rhenum 1, 1733). Boreng.
Ausbau (Abbau) ist der bei der Rege-
lung der bäuerlichen Verhältnisse vor-
kommende Fall, daß aus Zweckmäßig-
keitsgründen einzelne Bauern ihr Grund-
stück gegen Entschädigung aufgeben und
dafür sich außerhalb des Dorfes ansiedeln.
Siehe auch Gemeinheitsteilung, Vereinödung. P.
Ausbeute s. Bergrecht.
Ausbeutung s. Wucher.
Ausbleiben (Zivilprozeß) s. Versäum-
nisurteil, Zeugen.
Ausbleiben (Strafprozeß). 1. A(us)-
b(leiben) des Beschuldigten. Erscheint
der Beschuldigte, C 155, in zu seiner
Vernehmung anberaumten richterlichen
Terminen nicht, so kann, wenn die La-
dung unter der Androhung erfolgt ist,
daß im Falle des Ausbleibens seine Vor-
führung erfolgen werde, C 133 Abs 2,
diese angeordnet werden. Ob auch in
einem solchen Ab ein zum Erlaß eines
Haftbefehles ausreichender Fluchtver-
dacht, C 112, zu erblicken ist, unterliegt
dem richterlichen Ermessen.
2. Ab des Angeschuldigten. Der Ange-
schuldigte, d. h. der Beschuldigte, gegen
welchen die öffentliche Klage erhoben ist,
C 155, ist zur Haft zu bringen, wenn er
auf ergangene Ladung ohne genügende
Entschuldigung in einem Termine aus-
bleibt, C 120.
3. Ab des Angeklagten. Gegen den aus-
gebliebenen, d. h. den bei Beginn der Ver-
handlung nicht erschienenen Angeklagten
findet eine Hauptverhandlung nicht statt,