Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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2. Die Voraussetzungen des Ag sind 
einmal: parteiseitiger Beweisantritt, der 
prozessual durch Bezeichnung des Gegen- 
stands des Ag und Angabe der zu bewei- 
senden Tatsachen zu erfolgen hat, Z 371, 
ferner: Anordnung von Amts wegen, Z 
144, natürlich im Rahmen des Parteivor- 
bringens. In beiden Fällen kann das Pro- 
zeßgericht zugleich von Amts wegen die 
Zuziehung von Sachverständigen bei der 
Augenscheineinnahme anordnen, Z 372 
Abs 1. 
3. Augenscheinsgegenstände können 
alle Sachen sein; nur Urkunden sind aus- 
genommen, für welche die besonderen 
Vorschriften der Z 420, 422—432 gelten. 
4. Die Ausführung des Ag erfordert 
Vorweisung des Augenscheinsobjekts. 
5. Die Pflicht hierzu ist materiellrecht- 
lich, nach dem B 809 f zu beurteilen, 
nur durch besonderen Prozeß erzwing- 
bar, zu dessen Anstrengung und Durch- 
führung nötigenfalls eine Aussetzung des 
Rechtsstreits gemäß Z 148 zu erfolgen hat. 
6. Die Nichtvorweisung eines Augen- 
scheinsobjekts, das in der Verfügungsge- 
walt der Prozeßparteien selbst sich be- 
findet, kann aber — ohne Sonderprozeß — 
zu folgenden Feststellungen führen: 
Die Weigerung des Beweisführers be- 
wirkt den Verlust des Beweismittels ge- 
mäß Z 230. 
Die Weigerung des Gegners kann nach 
Z 286 beurteilt werden. 
Streitig ist die Verpflichtung zu kör- 
perlicher Untersuchung. 
Reincke A $8 371, 372; RG 46 868 (Nichtvorzeigung 
durch besitzenden Beweisfübrer); RG 16 151 (kein privat- 
rechtlicher Anspruch auf I,eichenausgrabung); Jurist. Wochen- 
schrift 1903 26 und Recht 1903 107 (körperliche Untersuchungs- 
pficht): Gaupp-Steln A zu 88 371—372; Kohler Pro- 
zeßrechti. Forschungen 79. Samter. 
Augenschein (Strafprozeß), C 86; das 
Protokoll hat den vorgefundenen Tatbe- 
stand (Sachbestand) festzustellen, insbe- 
sondere auch das Nichtvorhandensein von 
gewöhnlich zu erwartenden Spuren und 
Merkmalen zu erörtern. 
Siehe Leichenschau, Leichenöffnung. — Vgl namentlich 
Anuschat Die Augenscheinsel hme im deutschen 
Reichsstrafprozesse, 1909. P 
Augsburger Religionsfriede s. Re- 
formation. 
Augurn s. Priesterkollegien. 
Augustin von Hippo s. Christliche 
Philosophie. 
Augustini, Triumphi de Ancona (1243 
bis 1328), legte in seiner christlichen 
Staatslehre: Summa de ecclesiastica po- 
testate, Augustae 1473 (u. ö.), dem mit 
  
Augenschein im Zivilprozeßverfahren — Ausbleiben. 
aller göttlichen Macht ausgestatteten 
Papste deshalb auch jede weltliche Macht 
bei und negierte das Bestehen weltlicher 
Staaten aus dem Vorhandensein des kle- 
rikalen absoluten Staates. Bogeng. 
Augustinus, Antonius, aus Saragossa 
(1517—86), der bedeutendste spanische 
Vertreter der philologisch - historischen 
Methode, besonders bekannt durch seine 
Kollation der Florentina, in der er gegen 
Haloander polemisierte (Emendationum 
et opinionum libri IV. Ven. 1543 [Basel 
1544]); seine 1544 vollendeten Vorarbei- 
ten für eine neue Ausgabe des Corpus ju- 
ris auf Grund einer Vergleichung der Ve- 
netianer und Florentiner Handschrift ver- 
wertete er nicht. 
Von seinen übrigen Schriften (deren Gesamt- 
ausgabe als Opera J. Roch besorgte, Lucca 1765 
bis 1774, 8) ist noch besonders hervorzuheben 
der Tractatus de nominibus propriis rov zardexrov 
florentini, Tarracone 1574 (n. T. Barcinone 1592; 
und in Otto Thesaurus juris Romani® Traj ad 
Rhenum 1, 1733). Boreng. 
Ausbau (Abbau) ist der bei der Rege- 
lung der bäuerlichen Verhältnisse vor- 
kommende Fall, daß aus Zweckmäßig- 
keitsgründen einzelne Bauern ihr Grund- 
stück gegen Entschädigung aufgeben und 
dafür sich außerhalb des Dorfes ansiedeln. 
Siehe auch Gemeinheitsteilung, Vereinödung. P. 
Ausbeute s. Bergrecht. 
Ausbeutung s. Wucher. 
Ausbleiben (Zivilprozeß) s. Versäum- 
nisurteil, Zeugen. 
Ausbleiben (Strafprozeß). 1. A(us)- 
b(leiben) des Beschuldigten. Erscheint 
der Beschuldigte, C 155, in zu seiner 
Vernehmung anberaumten richterlichen 
Terminen nicht, so kann, wenn die La- 
dung unter der Androhung erfolgt ist, 
daß im Falle des Ausbleibens seine Vor- 
führung erfolgen werde, C 133 Abs 2, 
diese angeordnet werden. Ob auch in 
einem solchen Ab ein zum Erlaß eines 
Haftbefehles ausreichender Fluchtver- 
dacht, C 112, zu erblicken ist, unterliegt 
dem richterlichen Ermessen. 
2. Ab des Angeschuldigten. Der Ange- 
schuldigte, d. h. der Beschuldigte, gegen 
welchen die öffentliche Klage erhoben ist, 
C 155, ist zur Haft zu bringen, wenn er 
auf ergangene Ladung ohne genügende 
Entschuldigung in einem Termine aus- 
bleibt, C 120. 
3. Ab des Angeklagten. Gegen den aus- 
gebliebenen, d. h. den bei Beginn der Ver- 
handlung nicht erschienenen Angeklagten 
findet eine Hauptverhandlung nicht statt,
	        
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