Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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zur Einrichtung des Haushaltes eine an- 
gemessene A zu gewähren, B 1620. 
1. Die Verpflichtung zur A wird exi- 
stent, sobald die Tochter ernstliche An- 
stalten zur Eheschließung trifft; denn da 
die A „zur Einrichtung des Haushalts‘ 
dienen soll, muß sie eine entsprechende 
Zeit vor der Eheschließung gewährt wer- 
den. Die Verpflichtung zur A ist reso- 
lutiv bedingt durch die nachfolgende Ehe- 
schließung; ist diese erfolgt, so ist der 
Anspruch verjährbar (1 Jahr, B 1623). 
Der Anspruch auf A ist höchstpersönlich, 
also nicht übertragbar. 
2. Die Begrenzung der Verpflichtung 
zur A. Primär ist der Vater, sekundär (bei 
Unvermögen oder Tod des Vaters) die 
Mutter verpflichtet. — Aber auch die Ver- 
pflichtung des Vaters besteht nicht, wenn 
er (bei Berücksichtigung seiner sonstigen 
Pflichten) durch die A seinen standesge- 
mäßen Unterhalt gefährden würde, und 
ferner nicht, wenn die Tochter die A nicht 
nötig hat (ein zur Beschaffung der A aus- 
reichendes Vermögen hat). 
3. Die Verpflichtung zur A wird durch 
Geltendmachung eines Leistungsverwei- 
gerungsrechts beseitigt, wenn die Toch- 
ter ohne die erforderliche elterliche Ein- 
willigung sich verheiratet, B 1621 Abs 1. 
Dies gilt nur, insoweit gesetzlich (B 1305) 
‘eine Einwilligung des Vaters oder der 
Mutter erfordert wird. Ist die Einwilli- 
gung gesetzlich nicht erforderlich, so ist 
ihre Versagung einflußlos. 
4, Das Leistungsverweigerungsrecht be- 
steht auch dann, wenn gegen die Tochter 
ein Pflichtteilsentziehungsgrund vorliegt, 
B 1621 Abs 2. Durch Verzeihung wird 
das Leistungsverweigerungsrecht besei- 
tigt. 
5. Der Anspruch auf A besteht nicht, 
wenn die Tochter für eine frühere Ehe 
ausgesteuert worden ist, B 1622. Die EI- 
tern sind auch dann von der Verpflich- 
tung zur A frei, wenn jene frühere Ehe 
nicht abgeschlossen oder für nichtig er- 
klärt worden ist. P. 
Aussteuerversicherung s. Ausstat- 
tungsversicherung. 
Austräge (Austrägalinstanz) sind iu- 
dicia parium des hohen Adels. Die A be- 
stehen in Preußen für Strafsachen gegen 
die Häupter der standesherrlichen Fami- 
lien, der Justizminister stellt eine Liste 
von 10 Standesgenossen des Beschuldig- 
ten auf, aus denen dieser binnen 24 Stun- 
  
Aussteuer — Auswanderung. 
den fünf auswählt. Diese fünf tagen un- 
ter dem Vorsitze des nicht stimmberech- 
tigten Justizministers. Das Urteil bedarf 
königlicher Bestätigung. Die Vorunter- 
suchung und Vollstreckung nimmt das 
Oberlandesgericht wahr. 
Australien, Commonwealth of Au- 
stralia, ein Bundesstaat der englischen 
Kolonien. 
Austritt aus der Kirche (KirchenR), 
einseitige Erklärung, aus der Gemein- 
schaft ausscheiden zu wollen. — Um auch 
bürgerliche Wirkungen, insbesondere Be- 
freiung von der kirchlichen Steuerpflicht, 
herbeizuführen, ist in Preußen (Gesetz 
vom 14. Mai 1873) Erklärung vor dem 
Amtsgerichte erforderlich. Kinder über 
14 Jahre haben die Erklärung persönlich 
abzugeben. 
Ausübung eines Rechtes ist unzu- 
lässig, wenn sie nur den Zweck haben 
kann, einem anderen Schaden zuzufügen 
(Schikane), B 226. 
I. Bei Kollision mehrerer Berechtigter 
gelten folgende Grundsätze. 1. Das 
schwächere Recht muß dem stärkeren 
weichen. Wer nur einen Vorteil erstrebt, 
tritt hinter den zurück, der einen Scha- 
den abwenden will. Dies drückt der Satz 
aus: melius est, favere repetitioni quam 
adventicio lücro. — 2. Für dingliche 
Rechte gilt zunächst der Satz: prior tem- 
pore, potior iure. Bei im Grundbuche ein- 
getragenen Rechten gilt sodann das Lo- 
kusprinzip: prior loco potior iure. — 
3. Bei gleich starken Rechten entscheidet 
die Prävention: wer zuerst kommt, mählt 
zuerst. 
II. Konkurrenz von Rechten ist die 
Entstehung mehrerer Rechte aus einem 
Tatbestande. Hierbei sind folgende Mög- 
lichkeiten denkbar. 1. Es besteht eine ku- 
mulative Konkurrenz: der Berechtigte 
kann jedes der mehreren Rechte benut- 
zen. — 2. Es besteht eine Solutions- oder 
elektive Konkurrenz: die erfolgreiche Be- 
nutzung des einen Rechtes bewirkt den 
Verlust des anderen. — 3. Es besteht eine 
Konsumtions- oder alternative Konkur- 
renz: wählt der Berechtigte das eine 
Recht, so verliert er das andere. 
Die Einteilung in Solutions- und Konsumtionskonkurrenz 
rührt von Eisele her. P. 
Auswanderung (VerwaltungsR) un- 
terliegt der Kompetenz des Reiches, R 4 
Nr 1. Gemäß dem Reichsgesetze vom 
9. Juni 1897 werden Unternehmungen, 
welche Deutschen zur A nach fremden
	        
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