Braunschweig.
283
die Kontrasignierung und Publikation des | ten für wohlvereinbar mit der Reichsver-
vom Herzog Ernst August erlassenen, die ; fassung.
Reichsverfassung nochmals ausdrücklich
anerkennenden Besitzergreifungspatents
d. d. Gmunden 18. Okt 1884 durch das
Staatsministerium ab und verwies den
Herzog wegen Geltendmachung seiner
„eventuellen“ Ansprüche auf die Thron-
folge an Kaiser und Reich. Dieser ver-
wahrte sich gegen die des Rechtsgrundes
entbehrende Annahme seiner Behinde-
rung an der Führung der von ihm ange-
tretenen Regierung in seinem Erlaß an
das Staatsministerium vom 22, Nov 1884
und behielt sich alle weiteren Schritte zur
Beseitigung der Behinderung im fried-
lichen verfassungsmäßigen Wege vor.
Preußens Einspruch gegen die Regierung
des Herzogs wurde jedoch aufrechterhal-
ten, und der Bundesrat faßte am 2. Juli
1885 unter Ablehnung eines weitergehen-
den preußischen Antrages gegen die
Stimmen von Mecklenburg-Strelitz und
Reuß ä. L. und bei Stimmenthaltung von
Oldenburg und Braunschweig den nach-
folgenden. Beschluß:
1. die Überzeugung der verbündeten Re-
gierungen dahin auszusprechen, daß die
Regierung des Herzogs von Cumberland
in Braunschweig, da derselbe sich in
einem dem verfassungsmäßig gewährlei-
steten Frieden unter Bundesgliedern wi-
dersprechenden Verhältnisse zu dem Bun-
desstaate Preußen befindet, und im Hin-
blick auf die von demselben geltendge-
machten Ansprüche auf Gebietsteile die-
ses Bundesstaates mit den Grundprinzi-
pien der Bündnisverträge und der Reichs-
verfassung nicht vereinbar sei;
2. die braunschweigische Regierung
hiervon zu verständigen.
Die diesem Beschlusse folgende, an die
deutschen Fürsten und freien Städte bzw
an das braunschweigische Staatsministe-
rum gerichtete Rechtsverwahrung des
Herzogs vom 22. Sept 1885 bestritt u. a.
auf Grund der Reichsverfassung die Zu-
ständigkeit des Bundesrates zum Eingriff
in die Rechtsordnung eines Einzelstaates
sowie die Möglichkeit irgendeiner Schmä-
lerung des souveränen Rechtes der Thron-
folge und Regierung des Herzogs im Her-
zogtum durch jenen Beschluß und erklärte
den Vorbehalt des Rechtsanspruches des
Herzogs auf Hannover unter Berufung auf
ähnliche Vorbehalte anderer Bundesstaa-
Am 21. Okt 1885 ward hierauf der Prinz
Albrecht von Preußen von der Landesver-
sammlung zum Regenten des Herzogtums
gewählt. Unter seiner Regentschaft sind
2 weitere sich auf die Regentschaft be-
ziehende Verfassungsgesetze erlassen
worden. Durch das eine — das Gesetz,
betr die Feststellung der während der Re-
gierung eines auf Grund des Gesetzes
vom 16. Febr 1879 Nr 3 gewählten Re-
genten zu leistenden Huldigungseide, vom
12. Febr 1886 Nr 9 — ist entgegen der
sonst bei Regentschaften herrschenden
Üblichkeit für die Dauer einer Regent-
schaft auf Grund des Gesetzes von 1879
unter Suspendierung des im $ 26 der
Neuen Landschaftsordnung begründeten
Rechtes der Dynastie auf Leistung des
Erbhuldigungseides durch die Landes-
einwohner ein Huldigungseid eingeführt
worden, welcher allein auf die Person des
Regenten verstellt ist und des Landesfür-
sten und des landesfürstlichen Hauses
keine Erwähnung tut. Daß hierdurch die
durch frühere Leistung des Erbhuldi-
gungseides gegenüber der Dynastie be-
gründeten Verpflichtungen keine Einbuße
erlitten haben, ist bei der Beratung des
Gesetzes von der Regierung auf Anfrage
nicht in Abrede genommen, im Jahre 1902
sogar ausdrücklich und feierlich anerkannt
worden, womit übereinstimmt, daß die
jetzige Form des Huldigungseides ja auch
selbstverständlich nur eine Treue gegen-
über dem Regenten als solchem, d. h. un-
ter Voraussetzung und auf Grundlage der
Thronberechtigung des landesfürstlichen
Hauses statuiert. Trotzdem bleibt die
Form dieses Huldigungseides eine staats-
rechtliche Abnormität.
Das andere Verfassungsgesetz der er-
sten Regentschaft ist dadurch veranlaßt,
daß in Anträgen der welfischen Parteien
ann die Landessynode und die Landesver-
sammlung für den Herzog von Cumber-
land die Landesherrneigenschaft und
die mit ihr verbundenen Ehrenrechte
in Anspruch genommen, von der Re-
gierung aber, die auf Grund des ihrer
Ansicht nach so auszulegenden Regent-
schaftsgesetzes dem Herzog nur die
Eigenschaft des „erbberechtigten Thron-
folgers“ zuerkannte, bestritten waren.
Dieser Standpunkt der ersten regent-
schaftlichen Regierung von dem Fehlen