Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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Fahnenflucht (Desertion) ist die un- 
erlaubte Entfernung, MS 64, 65, 68; RG 9, 
diein der Absicht begangen wird, sich der 
gesetzlichen oder der (vertragsmäßig) 
übernommenen Verpflichtung zum Dienste 
dauernd zu entziehen, MS 69. Über die 
Tat und die Täter s. unter „unerlaubte 
Entfernung‘‘, doch kann ein Kriegsgefan- 
gener keine Ffahnen)f(lucht) begehen. 
Die Dauer der Abwesenheit ist bedeu- 
tungslos, sie bleibt von der Anrechnung 
auf die Dienstzeit ausgeschlossen, HeerO 
13 Ziff 1 Anm 2a. Die Absicht dauernder 
Dienstentziehung ist nicht der bloße Vor- 
satz, sondern der auf den Endzweck, auf 
den Erfolg gerichtete Wille; sie kann 
neben einer anderen Absicht, z. B. sich 
einer Strafe zu entziehen, bestehen, und es 
genügt die Feststellung, daß der Täter in 
irgendeinem Zeitpunkte des Fernseins die 
Absicht faßt, den Zustand der Abwesen- 
heit zu einem dauernden zu machen, RG 
11 380; 33 399; RMG 5 77. — Unerlaubte 
Auswanderung ist, wenn sie von Personen 
des Soldatenstandes des aktiven Heeres 
oder der aktiven Marine, RMilG 38, oder 
von den ihnen gleichgestellten Personen 
des Beurlaubtenstandes, RMilG 60 Ziff 3, 
56 Ziff 2—4; vgl auch MS 68, in der Ab- 
sicht dauernder Dienstentziehung began- 
gen wird, als Ff zu bestrafen. Im übrigen 
vgl S 140 Ziff 2, 360 Ziff 3. 
Als Strafe wird für den Fahnenflüchti- 
gen a. in Friedenszeit Gefängnis von sechs 
Monaten bis zu zwei Jahren; im ersten 
Rückfalle, MS 13, Gefängnis von einem 
Jahre bis zu fünf Jahren; im wiederholten 
Rückfalle, MS 13 Abs 3, Zuchthaus von 
fünf bis zu zehn Jahren; b. im Felde Ge- 
fängnis von fünf bis zu zehn Jahren, im 
Rückfalle, wenn die frühere Fahnenflucht 
nicht im Felde begangen ist, Zuchthaus 
nicht unter fünf Jahren und, wenn die frü- 
here Fahnenflucht im Felde begangen ist, 
Todesstrafe angedroht, MS 70, 71. Eine 
Erhöhung der an sich verwirkten Zucht- 
haus- oder Gefängnisstrafe um die Dauer 
von einem Jahr bis zu fünf Jahren tritt 
ein, wenn mehrere (zwei oder mehr) eine 
Fahnenflucht verabredet und gemein- 
schaftlich ausgeführt haben, MS 72, und 
statt des Gefängnisses Zuchthaus von 
gleicher Dauer, gegen den Rädelsführer 
und gegen den Anstifter Todesstrafe, 
wenn diese Handlung im Felde begangen 
ist, MS 72 Abs 2. Die Ff vom Posten vor 
dem Feinde oder aus einer belagerten Fe- 
  
  
  
Fahnenflucht. 
stung und den Fahnenflüchtigen, der zum 
Feinde übergeht, trifft Todesstrafe. — Der 
Versuch ist strafbar, MS 70 Abs 2; S 43 ff. 
Nebenstrafen: a. gegen Offiziere Entfer- 
nung aus dem Heere oder der Marine ge- 
boten, MS 31, 74; b. gegen Unteroffiziere 
Degradation und Versetzung in die 
2. Klasse des Soldatenstandes geboten, 
MS 40, 74, neben Gefängnis von längerer 
als fünfjähriger Dauer Entfernung aus 
dem Heer oder der Marine zulässig, MS 
31 Abs 3; c. gegen Gemeine Versetzung 
in die 2. Klasse des Soldatenstandes ge- 
boten, MS 74, neben Gefängnis von län- 
gerer als fünfjähriger Dauer Entfernung 
aus dem Heer oder der Marine zulässig, 
MS 31 Abs 3. Bei der Ff im wiederholten 
Rückfalle ohne Rücksicht auf den Rang 
des Täters und die Dauer der Zuchthaus- 
strafe a. Entfernung aus dem Heer oder 
der Marine geboten, MS 31 Abs 1, 2 
Ziff 1; b. Verlust der bürgerlichen Ehren- 
rechte zulässig, S 32—34, 36. 
Eine Ermäßigung der Strafe bis auf die 
Hälfte der an sich verwirkten Zuchthaus- 
oder Gefängnisstrafe ist nach dem Er- 
messen des Gerichts möglich, wenn sich 
der in Friedenszeiten fahnenflüchtig Ge- 
wordene innerhalb sechs Wochen nach er- 
folgter Ff stellt, d. h. sich persönlich und 
freiwillig in der Absicht, zum Truppenteile 
zurückzukehren, in den Machtbereich des 
Truppenteils oder einer anderen zuständi- 
gen Behörde (z. B. militärische Wache, 
Polizei, Konsulat) begibt und sich unter 
Meldung des Sachverhalts zur Verfügung 
stellt, vgl RMG 1 123. In diesem Falle 
kann auch von der Versetzung in die 
2. Klasse des Soldatenstandes, vorausge- 
| setzt, daß kein Rückfall vorliegt, abge- 
sehen werden. Der fahnenflüchtige Unter- 
offizier ist aber in jedem Falle zu degra- 
dieren, MS 75. 
Bezüglich der Verjährung der Strafver- 
folgung wegen Ff ist im besonderen vor- 
geschrieben, daß sie mit dem Tage be- 
ginnt, an dem der Fahnenflüchtige, wenn 
er die Handlung nicht begangen hätte, 
seine gesetzliche oder von ihm übernom- 
mene Verpflichtung zum Dienste erfüllt 
haben würde, MS 76. 
Das MS bedroht weiterhin denjenigen 
Täter (vgl „unerlaubte Entfernung“‘), wel- 
cher einen anderen zur Ff verleitet oder 
seine Ff vorsätzlich befördert, wenn die 
Ff erfolgt ist, mit Gefängnis von sechs 
Monaten bis zu zwei Jahren, im Felde mit
	        
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