Juristische Personen.
Juristische Personengesamtheiten sind
die Körperschaften (Korporationen). Die
Körperschaften fassen eine Mehrheit von
Rechtssubjekten zu einer mit selbständi-
ger Rechtsfähigkeit ausgestatteten Einheit
zusammen. Erforderlich ist eine Mehrheit
von Mitgliedern. Juristische Sachgesamt-
heiten sind die Stiftungen. Die Stiftungen
fassen Vermögenswerte zu einer rechts-
fähigen dauernden Einheit zusammen. In
der Mitte zwischen beiden stehen die mit
Rechtsfähigkeit ausgestatteten Anstalten,
soziale Organisationen der mannigfaltig-
sten Art. Allen diesen Arten gemeinsam
ist ein gemeinschaftlicher Zweck.
Wichtig ist folgende Unterscheidung.
Öffentlichrechtliche jP verfolgen entweder
direkte staatliche Zwecke oder doch
Zwecke, die zwar dem eigenen Vorteil
dienen, aber doch für den Staat den Ge-
genstand eines besonderen Interesses und
einer besonderen Fürsorge bilden; z. B.
der Reichsfiskus, der Staatsfiskus, die Pro-
vinzen, die Kreise und die Gemeinden, die
Armen-, die Schul- und die Deichver-
bände, die Korporationen des religiösen
Kultus. Privatrechtliche jP hingegen ver-
folgen nur private Interessen, z. B. Aktien-
gesellschaften, eingetragene wirtschaft-
liche Genossenschaften, eingetragene Ver-
eine. Über jene entscheidet das öffent-
liche Recht; über diese die reichsrecht-
lichen Sondergesetze oder das B.
Die jP haben nicht bloß Vermögens-
fähigkeit, sondern Rechtsfähigkeit über-
haupt. Sie haben Namen, Sitz, Staatsan-
gehörigkeit, auch Recht auf Ehre. Sie
können unter ihrem Namen klagen und
verklagt werden und unterliegen der
Zwangsvollstreckung. Sie können Besitz
und Eigentum auch an Grundstücken und
alle anderen dinglichen Rechte, auch Berg-
werksrechte erwerben; sie sind Subjekte
von Forderungen und Schulden; sie kön-
nen als Kaufleute Handelsgeschäfte trei-
ben und sich ins Firmenregister eintragen
lassen usw. Indessen bedürfen Schenkun-
gen, Zuwendungen von Todes wegen und
Grundstückserwerbungen über 5000 M
der staatlichen Genehmigung. Das gleiche
gilt von allen Grundstückserwerbungen
durch außerdeutsche jP. Die Genehmi-
gung erteilt der König oder die durch
Königl Verordn bestimmte Behörde.
Die jP sind nicht bloß rechtsfähig, son-
dern auch geschäftsfähig. Sie üben ihren
Willen aus durch ihre verfassungsmäßigen
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Organe; was diese als den Willen der jP
erklären, ist Wille der jP selbst. Die jP
kann sogar auch unerlaubte Handlungen
begehen: Nach B 31, 86, 89 haftet sie für
den Schaden, den ihr verfassungsmäßiger
Vertreter in der Ausführung einer ihm zu-
stehenden Verrichtung anderen Personen
zufügt.
Im älteren Rechte stand die Bildung
von jP völlig frei. Die Übermacht des Je-
suitenordens rief jedoch die Wachsam-
keit des Staates hervor und es entwickelte
sich das Konzessionssystem: Rechts-
fähigkeit wurde nur durch besondere
staatliche Verleihung erworben. Die Er-
starkung des Kooperationswesens führte
indessen allmählich zu dem System der
Normativbestimmungen und der Regi-
strierung: Das Gesetz stellt bestimmte
Voraussetzungen auf, der Richter der frei-
willigen Gerichtsbarkeit prüft deren Vor-
handensein und trägt dann das neue Ge-
bilde in ein amtliches Register ein; mit
der Eintragung entsteht die Rechtsfähig-
keit ex lege. Dies System rang sich durch
bei den handelsrecht'ichen Korporationen
und ferner bei den Genossenschaften des
Agrar-, des Forst- und des Wasserrechts.
Das B selbst wählte ein vermittelndes Sy-
stem : Wirtschaftliche Vereine bedürfen der
besonderen Konzession; ideale Vereine
(die einen religiösen, sittlichen, geistigen,
sozialen, politischen Zweck verfolgen) be-
dürfen grundsätzlich nur der Registrie-
rung, unterliegen jedoch auch wieder, bei
dem Hinzutreten gewisser öffentlicher In-
teressen, einem eigentümlich ausgestalte-
ten Konzessionssystem. Stiftungen bedür-
fen auch nach dem B stets der Konzessio-
nierung.
Die jP stehen in Preußen unter der Auf-
sicht des Staates, sowohl die öffentlich-
rechtlichen wie die privatrechtlichen. Die
Staatsaufsicht ist stets öffentlichrechtlicher
Natur. Sie bezweckt Verhütung schäd-
licher Einwirkung auf das öffentliche Le-
ben, andererseits aber auch das Beste der
jP selbst. Über Stiftungen führt die Auf-
sicht in oberster Instanz der Minister des
Innern, in erster Instanz der Regierungs-
präsident, über Familienstiftungen das
Amtsgericht.
Stichworte: Anstalten, Korporationen, Stiftungen,
Vereine, Amortisationsgesetze.
B 21ff; Gierke Genossenschaftstheorle u. d. deutsche
Rechtsprechung, 87; derselbe Deutscher Privatrecht 1
68ff; derselbe Das deutsche Genossenschaftsrecht, 68:
Riedel Juristische Person im B, 97: Frey Sächs Arch
Dein uhblenbeck I 168; Dernburg B ri Recht
atzlafi.