Full text: Fünfzig Jahre aus Preußens und Deutschlands Geschichte.

170 Der Deutsch-dänische Krieg. 
Trotz des dünnen Eises an den Ufern, trotz der starken Strömung war 
der Brückenschlag in wenigen Stunden vollbracht. Die Thatkraft des jugend- 
lichen Führers elektrisierte die Truppen, und ohne Rast ging es hinüber, dem 
Feinde nachl 
Das waren Tage, die dem Krieger unvergeßlich bleiben; ein jeder weiß, 
was er geleistet, und wenn er zurückdenkt, wundert er sich, wie er es vermochte. 
„Kinder, die Haltung geht verloren!“ ruft lächelnd der Major, wie er die Leute 
durch den fußhohen Schnee waten sieht, und „Drück doch die Kniee durch!“ 
kommandiert ein Kamerad dem andern, um durch Humor sich selber frischen 
Mut zu machen. Da liegt es sich dann weich im unwirtlichen Quartier auf harter 
Streu, da schmeckt dann ein Bissen Speck wie das herrlichste Mahl. Und wenn 
der Soldat todmüde hinsinkt am Haltepunkt, wenn er sich Pulver statt des 
Salzes auf das Brot streut und den Kaffee im Biwak mit Schneewasser kocht, 
dann wünscht er wohl, die Mutter könne ihn also sehen, wie er's fröhlich erträgt. 
„Schone dich!“ hat ihre Sorge ihm zugeflüstert, und jetzt hat er seit drei Tagen 
die nassen Stiefel nicht vom Leibe gezogen. Aber wenn ihn der Kamerad fragt: 
„Möchtest du nicht lieber jetzt hinterm Ofen bei Muttern sitzen?"“ dann sagt 
er: „Nein, es ist ein schönes Ding, etwas Großes durchgemacht, den stolzesten 
Soldatenruhm erworben zu haben“ — und so bittersauer manche Tage auch sind, 
sie haben doch auch des Schönen und Erhabenen viel für das Herz. Die Offiziere, 
ja die königlichen Prinzen teilen mit den Soldaten Mühe und Gefahr; der 
Krouprinz ist in den Pantoffeln seiner Wirtin, einer Bauersfrau, gesehen 
worden, als er durchfroren das Quartier erreichte, und der hat es doch wahr- 
lich nicht nötig! Wie herzerhebend ist dann das Band der Kameradschaft in 
solchen Tagen. Alle erdulden dasselbe, um dieselbe Ehre zu erwerben; wie eine 
einzige Familie steht das Bataillon um seine Fahne, das Heiligtum, zu dem 
man geschworen. 
  
Auch Feldmarschallleutnant von Gablenz verfolgte den Feind. Er war 
auf dem kürzeren Wege, und trotz des Vorsprunges, den die Dänen hatten, er- 
reichte er sie bei Oeversee am 6. Febrnar. Die preußischen Garden hatte er 
wieder auf einem Umwege vorgesandt, und mit ermatteten Truppen wagte er 
den Angriff. Es war ein überaus kühnes Beginnen, denn er hatte keine Reserve 
und kannte die Stärke des Feindes nicht. Auf die Tapferkeit seiner Truppen 
vertrauend, packte er den Stier gleich bei den Hörnern, auf die Gefahr hin, 
daß Hunderte Zu Boden gerissen wurden. „Vorwärts!" heißt das Losungswort. 
Die Neuner-Jäger werfen die Tornister ab und stürmen gegen den Engpaß; 
den Hut schwenkend führt Feldmarschallleutnant von Gablenz die Kolonnen 
gegen den Feind. Ein Hagel von Kugeln empfängt die Braven, sie stürzen reihen- 
weise, aber die andern dringen nach. Herzog Wilhelm von Württemberg 
sinkt verwundet zu Boden, doch das Regiment „König der Belgier“ ruft: „Es 
lebe der Kaiser!“ Hier, wo die Liechtensteiner Husaren attackiert haben, da starren 
gräßlich die Leichen aus der blutgetränkten Schneedecke hervor. Die Gewehre 
versagen den Osterreichern, sie müssen das Feuergefecht in ein Handgemenge 
verwandeln. „Wir sind 3½ Meilen im Lausschritt marschiert“, erzählte ein
	        
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