52 Der erste dänische Krieg in den Jahren 1848—1850.
verstand. Noch fünfzehn Jahre vergingen, bis der deutsche Michel, durch die
gewaltige Persönlichkeit eines weitschauenden und den rechten Augenblick kühn
erfassenden Staatsmannes aufgerüttelt, sich zurechtfand und mit der Eroberung
Schleswig-Holsteins dem erstaunten Europa zeigte, was es von einem geeinigten
Deutschland zu erwarten habe.
Vor Fridericia.
Nach dem Falle von Kolding zogen sich die Dänen gegen Fridericia zurück,
und Prittwitz rückte, ohne auf ernstlichen Widerstand zu stoßen, bis nach Aar-
huus vor. Aber die Großmächte erhoben wiederum Einspruch gegen die Be-
setzung von Jütland durch die Preußen. Am 6. Juli unternahmen die Dänen,
nachdem sie zur See heimlich Verstärkungen herangezogen hatten, mit über-
legenen Kräften einen Ausfall aus Fridericia, überfielen die in einem weit aus-
gedehnten Halbkreise die Festung umlagernde schleswig-holsteinische Armee unter
Bonin, welche von der Hauptarmee ohne jede Unterstützung so weit vorgeschoben
war, und brachten sie in arge Bedrängnis.
Unterdessen hatten auch die Großmächte Europas ihre Schachpartie auf
dem Felde der Diplomatie weitergespielt, und was auf dem Schlachtfelde ge-
wonnen worden, ging nun Zug um Zug durch die Künste der Herren am grünen
Tisch wieder verloren. Preußen vermochte auch diesmal nicht, dem Andrängen
der für Dänemark eintretenden fremden Regierungen zu widerstehen — es be-
gann sich vom Schauplatze der schleswig-holsteinischen Wirren zurückzuziehen.
Die Dänen aber benutzten die“ während der eingeleiteten Waffenstillstands-
verhandlungen eingetretene Pause, um sich an den „Insurgenten“, wie sie die
Schleswig-Holsteiner nannten, durch einen nächtlichen Überfall unter Rye für
Eckernförde zu rächen. Derselbe verursachte dem schleswig-holsteinischen Heere
einen Verlust von 3000 Mann und 28 Geschützen.
Rußlands und Englands Einschüchterungsversuche währten unter der Hand
fort, und der Einfluß der Großmächte führte schließlich am 16. Juli 1849 zu einem
zweiten Waffenstillstande, welchem bald ein noch schlimmerer Friede folgen sollte.
Waffenstillstand und Friede.
Vergebens weigerte sich die schleswig-holsteinische Statthalterschaft wie die
Landesversammlung, die preußisch-dänischen Abmachungen anzuerkennen. Auch
die ohnmächtige deutsche Reichsgewalt sprach ihr Wort und erklärte am 4. August
die getroffene übereinkunft für ungültig. Schleswig wurde während des Waffen-
stillstandes von einer „Landesverwaltung“ regiert, die aus einem Deutschen,
einem Dänen und einem Engländer bestand, und erhielt in seiner nördlichen
Hälfte schwedische, in der südlichen preußische Truppen zur Besatzung; Holstein
blieb deutsches Bundesland.
Die Aussicht, daß sie bei dem endgültigen Friedensschluß sich selbst über-
lassen und dann einer noch schmählicheren Behandlung, als vorher, von seiten
der Dänen ausgesetzt sein würden, feuerte die Schleswig-Holsteiner zu erneuten
Anstrengungen an. Das keleine schleswig-holsteinische Heer hatte sich in seiner
kriegerischen Tüchtigkeit schon im Feldzuge des Jahres 1849 bei vielen Gelegen-
heiten dem dänischen eben bürtig gezeigt, und eifrig wurde jetzt die Neuaus-