Feldzug in Sachsen. 207
schreiten müssen; in Sachen, wo es auf die Ehre seines Hauses und
die Wohlfahrt von Land und Leuten ankomme, könne er Niemand
schonen. Der Fürst beschleunigte wirklich seine Bewegungen: sie hatten
sofort, als er bei Meißen erschien, den erwünschten Erfolg ).
Der daselbst aufgestellte sächsische General wollte keinen Angriff
erwarten und zog sich, während man noch unterhandelte, auf Ru-
towsky zurück. Es hatte keine Schwierigkeit, die Brücke, von der man
nur die Straßenhölzer weggenommen, kein Joch zerstört hatte, wieder-
herzustellen. General Lehwald, der mit einem ansehnlichen Truppen-
corps der preußischen Armee schon vor ein paar Tagen angekommen,
und zum Verdruß des Königs, in der That nicht ohne eigene Gefahr,
hatte warten müssen, vereinigte sich unverweilt mit dem alten Dessauer,
und sie konnten nun zu einer Unternehmung schreiten, welche ent-
scheidend werden mußte.
Dazu trieb Friedrich den alten Fürsten in jedem seiner Briefe
auf das Dringendste an; er wiederholte ihm den positiven Befehl,
den Sachsen auf den Hals zu gehen; er machte sich mit seinem Kopfe
verantwortlich, daß es ihm gelingen werde.
In dem Fürsten kam noch ein anderer Beweggrund hinzu, keine
Zögerung eintreten zu lassen: er wollte zeigen, was er vermöge. Zu
einer männlichen Genossenschaft gehört nicht allein Anerkennung, son-
dern auch Eifersucht, die aber auf das Wesentliche der Dinge gerichtet
ist, die Aufmerksamkeit des Einen auf den Andern, der Ehrgeiz eines
Jeden, seine Sache gut zu machen und sich die verdiente Anerkennung
zu erobern. In Leopold von Dessau hatten die Anmahnungen des
Königs einen Stachel zurückgelassen; einen andern Antrieb gab ihm
ein kleiner Verlust seiner Arrieregarde, wo er, der systematisch Be-
dächtige, sich eines Mangels an Vorsicht angeklagt sah. Er brannte
vor Begier, so nahe am Ziel seiner Jahre, durch eine große That
seinen Ruhm herzustellen.
Der erste Gedanke der Sachsen war gewesen, dem Fürsten von
Anhalt entgegenzugehen, aber der geheime Rath hatte in Betracht
gezogen, daß alsdann Dresden, dessen Festungswerke zum Theil in
Gärten verwandelt waren, von andern Seiten her angegriffen und
erobert werden könne: Rutowsky hatte sich entschlossen, zur Verthei-
digung der Hauptstadt auf der großen Straße, die von Meißen über
Wilsdruff nach Dresden führt, eine feste Position zu nehmen.
1) Les deur marches qu'il venoit de faire Söteoient furicuses dans
une saison moins rude que celle onü il se trouvoit. (Memoire de Dyberr.)
Bgl. Stille Campagnes du roi 276.