Fortbildungsihule und Staatsfunde, 133
xch betrachte daher Mabats Lehrgang al ein Richtmaß für die be-
fondere Behandlung. Ein Beifpiel mag nod) zeigen, wie man in „erzählender,
unterhaltender Form’ Gefebesfunde treiben kann. &c mähle den Abjchnitt
über die Willenzerflärungen.!) Sie fpielen im gefamten Berfehrs-
leben eine entfcheidende Rolle.
Wir mollen heute einmal nadjehen, was das Recht über die Willens-
erflärungen fagt. Denten wir einmal an fleine Sinder. egt jchenkt das
eine dem andern etwas, im näcdjlten Augenblid verlangt e3 das wieder zurüd.
Da haben mir zwei Willenserflärungen eines Kindes; fie miderjprechen fich,
fie ftehen im Gegenfa zueinander. Nehmt an, das zweite wollte deshalb
Hagen! Das ginge nicht, da3 Gericht nähme die Klage gar nit an. Warum?
Nehmt jest an: ein Hausbefiker vermietete jeine Wohnung an emen Mann
für 240 Mark jährlih. Zwei Tage darnad jprädye er: ich fann die Wohnung
nicht dafür Hingeben, ich muß meniaftens 300 Mark fordern. Braucte fich
der Mieter das gefallen zu laffen? Warum nicht?
Wir fehen: das Net madjt einen Unterfchied. 3 behandelt die Willens-
erflätungen Heiner Kinder ganz anders als die Willenserflärungen erwadjfener
Leute. Die Willenserklärungen Heiner Kinder gelten nicht vor dem Nedte.
Diefe Fönnen noch feine Gejchäfte abjchliefen. Wollte ein Fleines Kind mir
feinen Hut oder Mantel für eine Yudertüte geben, jo wäre ich |trafbar, wenn
ıh auf den Zaufch einginge. Das Kind ijt noch unverftändia, unvernünftig;
ed fanrı den Wert der Dinge noch nicht ermeffen und unterscheiden. Daher
tann es feine Gefchäfte abjchließen;, e8 iit noch unfähig zu Geichäften, es ift
gefhäftsunfähig. Weil das Kind noch gejchäftsunfähig ilt, gelten feine
Willenserflärungen nicht. Weil ein mündiger Menfch Verjtand genug und
Erfahrung genug hat, darum fanrı er Geichäfte aller Art abfchließen; er ift
geihäftsfähig. Weil der mündige Menjch gefchäftsfähig tit, gelten feine
Willenserflärungen vor dem Nedhte. Das legt jedem mündigen Menfchen die
Pfliht auf, e3 mil feinen Willensertlärungen recht genau zu nehmen; denn
er fann vom Gericht beim Worte genommen merden.
Nun farn aber der Menfdy nicht erit ganz gefchäftsunfähig fein und mit
einem Schlage an feinem 21. Geburtstage voll geichäftsfähig werden. Das
wäre doch ein gar zu ftarfer Sprung und Umfhmwung. Darum madıt da3
Gefeg einen Übergang. Mit fieben Jahren mwird ein Menfch gefchäftsfähig.
Aber da ijt doch ein Kind noch lange nicht felbftändig, deswegen Tann e3 aud)
no nicht felbitändig irgend ein Rechtsgefchäft abfchließen. Sein Vater oder
Vormund muß einmilligen, fonft gilt das nicht, mag ein Rind erflärt. Die
©ejhäftsfähigfeit der größeren Kinder ift alfo noch fehr
befhränfi Fehlt die Zuftimmung des Vater zu der Willenzerflärung
des indes, jo it diefe nichtig. Ginge z.B. das Kind zum Kleiderhändfer und
faufte fid) einen Anzug, fo wäre das Geschäft nichtig, wenn der Vater nicht
borher oder nachher eintilligt.
818 zum 21. Jahre find alle Menfhen minderjährig. Sind die Finder
aus der Schule, fo fuchen fie fi einen Dienft oder eine Stelle. Hat nun
der Vater Dies gebilligt, fo gilt dann das Wort, die Willenserflärung des
Kindes. Vermietete e3 fi bei dem Meifter W., fo Fönnte das Kind oder der
Vater nicht hinterher jagen: die Vermietung ilt nichtig oder ungültig; denn
') ”gl. Dr LobeB Plaubdereien über ba3 neue Recht und M idtg
Bürgerliches Gejepbuc. r eve Recht un effer{hmi