Full text: Ratgeber für deutsche Lehrer und Erzieher

138 Lehrproben. 
Anftrengungen. Er mag e3 nur gleich dem Baumeifter melden. Warum 
joll man da die Haft» und Erfaßpflicht des Baumeifters nod) länger hinaus- 
jhieben? Nad) fünf Jahren wird übrigens vieles durch den Gebrauch) fchlecht 
und abgenugt. Man Fan dann gar nicht mehr wiffen, ob 3. 8. die Öfen 
glei) von Anfang an nicht taugten, oder ob fie zerfadhelt oder zerfeuert 
worden find, jo müßte am Ende da3 Gericht auch nicht, mem e3 Recht geben 
jollte. €3 müßte raten. Außerdem mürden dadurch recht foftfpielige Klagen 
entitehen. Marı müßte viele Beugen verhören und Sac)verftändige vernehmen. 
Kurz, die Koften würden am Ende viel höher werden, al die ftreitige Gache 
jelbit. Dazu Fönnte ein mißgünftiger Menfh dem Baumeifter nachträglich 
zufhaden fein. E3 fönnte aud) der Fall eintreten, daß ein Baumetjter mit 
der Zeit gar nicht aus den Klagen herausfäme. Die Menfhen follen aber 
miternander in Frieden leben; fie follen unnübe Streite unterlaffen. Darum 
begrenzt das Vejeg unfer Necht in zeitlicher Hinficht. E3 fagt, unfre An- 
jprüdhe erlöfchen nad) einem Zeitraum von fünf Jahren; unfre Forderungen 
verjähren. Wer feinen Verluft erleiden mill, der hält fich vorher dazu. Die 
Verjährung zwingt ung, zur rechten Zeit alles zu prüfen. Wir follen nichts 
hinhängen lajjien. Was du tun milljt, tue bald. Werjchtebe nicht3 auf morgen, 
a3 bu heute Fannit beforgen. Ge eher man Mängel anzeigt, defto leichter 
lafjen fie fich nachmeifen; deito eher wird man fie eingeftehen und erfeßen. 
©o ift die Verjährung do fein wirkliches Unrecht, daS der Gefebgeber mir 
ald Hausbefißer zufügt. Er verhütet dadurd), daß ich mein Geld in unnüßen 
Prozefjen verliere; er veranlaßt mid), mid) beizeiten um meine Rechte und 
Anfprüche zu befünmern, 
Häufer bauen die allerwenigjten Menfchen. Aber alle kaufen fi Waren 
bei Krämern, Bädern, Tleifhern, Schneidern, Scuftern, Tifchlern und Kauf- 
leuten. Um beiten wäre e&, wenn man alles gleich bar bezahlte. Borgen 
madt Sorgen jomwohl für den Gläubiger, wie für den Schuldner. Dod) fannı 
man nicht alles fofort bezahlen. Der Schuhmacher befjohlt mir einmal ein 
Baar Stiefel, dann ein Paar Schuhe, darauf beffert er Abfäbe aus, flict 
einen led auf einen Stiefel ufm. Der Lehrjunge bringt die ausgebefferten 
Sachen zurüd. Oft weiß er nicht einmal den Preis. Gelbit wenn er ihn 
wüßte, mürde ich ihm da3 Geld nicht geben; er könnte e3 verlieren oder 
unterfchlagen. Sch marte, bi3 mir der Schuhmader die Nechnung jcidt. 
Manche Handwerker marten viel zu lange, che fie die Nechnungen aus- 
fchreiben und ausfenden. Das it ein Fehler. ES fommt dann zu viel zu- 
fammen. Zudem fann jid) der Schuldner dann oft gar nicht mehr befinnen, 
ob das aud, ftimmt. Wie leicht entfallen einem folche Heine Sadhen! Dentt 
an einen $amilienvater mit fe Kindern. Wieviel Schuhmerf reißen ie 
nieder! Da ift fortwährend etwas beim Schuiter. Nehmt an, der Schufter 
rollte mit den Rechnungen fünf Sahre warten. Könnte fi) da mohl ber 
Vater nod) auf alles befinnen? Wenn nun dem Vater die Rechnung recht 
hoch erfchiene, fo wüßte er gar nicht, gegen melde Mojten er Einjprud) er- 
heben follte. Er föünnte auch nicht mit Sicherheit fagen: Die Rechnung 
ftimmt nidjt. Könnte er fi) mit dem Schyuiter nicht im guten einigen, jo 
müßte endlich da3 Gericht entfcheiden. Aber das müßte gar bald erfahren: 
hier ift alles ungewiß. Der Schuhmacher hat zwar die offenen Poften in 
feinem Buche ftehen; aber mehr mweiß er aud) nicht; er könnte nicht be- 
Ihmören, daß fein Sırtum vorliegt. Der Vater hat dagegen gar Feine fchrift- 
lichen Aufzeichnungen, er hat nicht Buch geführt; auf fein Gedädtnis Tann
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.