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und drangen über die Weichjel, dann über die Oder, die Elbe und fogar bis
an und über die Saale vor. Die milden Hunnen, Amaren, Madjaren und
Mongolen bradyen von Djten her in unferm Reiche ein und vermüfteten meite
Streden. Den Polen mar ed leicht, um 1100 die öftlichen Gebiete Deutich-
lands bi3 an die Mulde zu verheeren und zu brandfdhagen. 1410 fielen fie
im Ddeutfhen Drdenslande ein und marfen den Nitterorden in der Schladht
bei Tannenberg nieder. 1466 erfchienen fie abermals und entriffen ihm Weft-
preußen. Nirgends boten ihnen Naturgrengen unüberfteiglihe Hinderniffe.
Unaufhörhid) ergoffen jich polnische und flamifhe Scharen nad) Weiten, bald
friedlich, bald Friegerifh. Bon Norden her drangen die Dänen ein und
beherrjchten lange Beit die Elbherzogtümer (Schleswig-Holjtein-Zauenburg).
Unter Guftad Adolf erfhhienen fogar die Schweden in Deutichland und nahmen
Pommern und Rügen nebit andern Teilen in Befit. Die Oftfee erwies fidh
eben nicht mehr al3 eine trennende Scheide, jondern vielmehr als eine völfer-
berbindende Werfehrsitraße. Lange fchien es, al3 ob die Schweden den
Nordojten Deutfchlands dauernd beherrichen follten. m fiebenjährigen Striege
überfluteten auch die Ruffen den deutijhen DOjten. Die Türken drangen
dur) Ungarn vor und famen jogar bis über Wien hinaus. So fehen mir,
wie bon der offenen Nord- und Djtfeite viele Feinde in Deutfchland einge-
drungen find.
Sm Weftenijt Deutfchland nicht ganz ungefhüßt. Der Wasgau bildet
heute einen Grenzmall. Mber ehemald3 wmaren meder die Vogefen nod) die
Ardennen die Bölferfcheive. Yuerjt drangen die Römer durch die PRäfje in
diefen Gebirgen nach Deutichland vor. Später folgten ihnen die Franzojen
und Spanier auf diefem Wege. Lange fonnten fi) die Spanier in den
deutfhen Niederlanden und die Franzofen am Oberrhein feitießen. Schon
während de3 dreißigjährigen Krieges rief man in Franfreich, der Rhein muß
unfer werden. Der Rhein follte nicht mehr ein deutfcher, fondern ein fraw
zöfifcher Strom merden, er follte Statt de3 Wasgaus und der Ardennen Die
Grenze zwifhen Franfreid und Deutfchland werden.
Heute geftatten die Nord- und Dftfee jtarfen Seemädten, ung mit
Hilfe ihrer Kriegöflotten zu bedrohen. &o ijt unfer Neid) von allen ©eiten
mehr oder minder bedroht.
b) Deutfhlands gefährlide Xage zmijden großen
Bölfern und Staaten. | |
Die offene Lage würde uns an fid) nichts fhaden; Liegen nicht die Ber-
einigten Staaten von Nordamerika nicht aud) nad) allen Seiten offen da und
find fomohl zu Waffer wie zu Lande leicht zu erreihen. Dennod) bedroht
niemand fie. Sit nicht auch Rußland von Weften wie von Dften her leicht
zugänglich. Dennoch bedroht niemand diefen Staat. Yu unferer offenen
Rage mitten in Europa fommt noch ein andrer gefährlicher Umjtand. Deutid-
{and ift eingefeilt zmifchen die Hauptvölfer und Hauptitaaten Guropas. Das
it die große Gefahr. Im Dften und Güdoften bilden die Stamen
unfre Völfer- und Spradgrenze. Im Weiten und Südmelten ftoßen wir an
die Romanen (Stanzofen und Welche oder Staliener); im Norden und
Nordiveften grenzen mir an ftamm- und fptachverwandte Germanen
(Dänen, Slamen und Niederländer.) Namentlid) die Slawen und bie Nto-
manen fuchen ihre Sprachgrenzen auf Koften des deutfhen Sprad- und
Bolfsgebietes vorzufchieben und die eingejprengten Deutfhen zu Auljen,
Polen, Tihechen, Kroaten, Slowenen, Weljhen und Stanzofen zu machen.