Full text: Ratgeber für deutsche Lehrer und Erzieher

152 Lehrproben. 
in Verkehr. Da mir heute eine Geldmwirtfchaft haben, wird die 
Einigkeit de3 Reiches fehr begünftigt. Die Pfennige und Taler, die 
man an der tuffiihen Grenze al3 Boll oder Steuer nimınt, Fönnen 
ohne DBerluft nach Berlin oder meiterr nad Meften man- 
dern. Müßten die Bauern in Rofen und Oftpreußen noch alle 
Steuern mit Hühnern, Schweinen ufm. bezahlen, dann hätte die 
Steuerbehörde mit dem Biel) eine unendliche Mühe, und es erwüchfen 
daraus viele Berlufte,; manches Schwein jtürbe oder magerte auf der 
Reife ab. Go fehen mir, mie ein großes Reich nur beitehen und 
gedeihen Fan, mern das gunze Bol fon zur Geldwirtfchaft 
übergegangen ift. 
6. Ehemals fehlte ein Itehendes Heer. Das mußte fehlen, weil man 
noh nicht alle Steuern in barem Gelde entrichtete. Heute haben 
mir ein jtehendes Heer bon rund 500000 ©oldaten; dazu fommen 
noch rund 100000 Unteroffigiere und Offiziere und Militärbeamte. 
Wir Efönnen ein ftehendes Heer halten, weil mir alle Steuern in 
barem ®elde entrichten. Preilih müffen die deutfhen Bewohner 
auch genug Geld verdienen, um Steuern bezahlen zu fönnen. 
Um midtigften ift aber, daß alle Deutfchen treu an Kaifer und Reich, 
an Thron und Altar hängen. Wir mwollen fein ein einig Volk von Brüdern, 
in feiner Not uns trennen und Gefahr. Ans Baterland, and teure, fchließ 
did an. Gedenfe, daß du ein Deuticher bift. 
  
Ebenfo dringlih find politiihe Unterhaltungsitunden, melde der aus 
reicher Befähigung hervorgehenden Bereitwilligkeit und freien Beichäftigung 
mit ftaatlichen, mwirtichaftlichen, rechtlihen Fragen Rechnung tragen. Nicht 
da3 ganze Volk ift in gleichem Maße bildungsfähig, auh in politiiher Hin» 
jiht. Uber denen, die da Hungert und Dürftet nach mehr jtaatsfundlicher 
Nahrung, follte man aud) ihr geiteigertes politifches Bildungsbedürfnis be- 
friedigen. Neben der politifchen Bmangsbildung tut uns bitter not noch eine 
freimillige politiihe Bildung. Nur jo fchaffen wir im Xolfe eine volf- 
mäßige ariftofratifhe Bildungsfchicht, die die geiltige, politiihe Führung ihrer 
minder reich ausgestatteten Kameraden übernehmen Tann. Hiehe man fid 
vollstümlihe Wolfzerzieher aus dem Volke heran, die im Volle und fürs 
Volk wirken, echt ftaatötreu, reichötreu, Faifertreu! 
Sedoch Fönnen alle Belehrungen nichts fruchten, wennäfie nicht durd) 
Taten und Einrichtungen unterftüßt werden. Mit Dr %. Ziehen (Xolfe- 
erziehung im nationalen Sinne, ©. 9) betone ich, daß die Schule da3 Recht 
hat, fich darüber zu beffagen, daß die gefamte Sffentlichfeit viel zu menig 
ihre Maßnahmen Hinfigtlih der national-ftaatsbürgerlichen Erziehung unter- 
ftüßt, ja fogar ihnen oft fchnurftrads entgegenmwirtt. Das Neich felbft muß 
etiva3 tun, foll das, was die Schule mit vieler Mühe und Not zu bauen 
beginnt, nicht furzerhand mieder niedergeriffen werden. Ein Hauptmittel ift 
bie teihömäßig geordnete und geregelte Erziehung der fchulentlajjenen männ- 
lichen Sugend zur Wehrbaftigfeit in leibliher und nationaler Hinfiht. 3 ift 
eine Jugendmwehr zu errichten, welche die Dienftpflicht bereit3 bis aufs 
vollendete 14. Lebensjahr zurüdlegt und fo jedem jungen Burjchen zum 
Bemußtfein bringt, welche Ehrenpflicht feiner wartet. Diefe Jugendmehr 
bietet Gelegenheit, den baterländifchen Sinn und deutfchen Geift, fowie
	        
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