Full text: Ratgeber für deutsche Lehrer und Erzieher

Sittenlehre und GStaatsfunde, 39 
für ihre Eltern leben. Gelbit für die bemittelten Zamilien it der Sonntag 
von großem Porteile. Der Sonntag it darum der Tag für das häusliche 
Familienleben. Sonntags follte darum die Yamilie möglihit alles gemein- 
fam unternehmen; gemeinjam die Sirche befuchen, gemeinjam fpazieren» 
gehen ufm. 
4. Staat und Gonntag. 
Lange Zeit hat die Kirche allein die SOonntagsheiligung erztungen. 
Wer am Sonntage arbeitete, verfiel beftimmten Kirchenftrafen. Lange Beit 
hat das au gewirkt und genügt. Dann jtellten fi) aber Mikjtände heraus. 
Der Staat gab den Kirchen Freiheit; aber die Sonntagsruhe ıjt nidyt blog 
eine rein firdhliche Ungelegenheit, fie hat ja auch eine hohe Bedeutung für 
Staat und Gejellihaft. Darum mußte das Neid) die Sonntagstuhe ge- 
feglich regeln. Sonjt fönnte ja ein abrifgerr fagen: cd faffe Somitags 
auch arbeiten, damit die Arbeiter recht viel Geld verdienen. Mich Die 
Arbeiter könnten felber denken, wir wollen feinen Tag ausjegen, danıit mir 
mehr verdienen. Wenn aber einmal ein paar Fabrifen Sonntags arbeiteten, 
jo würden gar bald andere nachfolgen, und fo fäme e3 binnen furzem dahın, 
daß der Sonntag zum Wochentage würde. 
Deshalb Hat das Neid) in einem Neichögefege befohlen, du der Eonn- 
tag fein Arbeits oder Werktag ijt. Freilich fonnte das Gejeß nicht alle und 
jede Arbeit verbieten. Uber die regelmäßige Mrbeit hat daS Vejeb mwejentliä) 
eingefhränftt. Yunädit jtellt da3 Gefeh alle fonjtigen Feiertage dem Sonn: 
tag gleich. rn DBergmerfen, Salinen, Biegeleien, Brüchen, Hüttenmwerfen, 
Bauhöfen und Werf- und Sabrikjtätten aller Art darf an Sonn- und Feier: 
tagen fein Arbeiter befchäftigt werden. Dieje WArbeitsbetriebe Fünnen Die 
ganze Woche Hindurch regelmäßig arbeiten und daher aud) Sonntags aus 
legen. Das macht feine wejentlichen Störungen. 
Nun gibt c& DBergmwerfe und andere Betriebe, wo man Tag und Nadt 
arbeitet. Daher muß das Gefek nody einzelne Beitimmungen Hinzufügen. 
Tür jeden Sonntag oder Feittag hat ein Arbeiter mindejtens 24 Stunden 
Ruhezeit zu fordern. Mer erit Sonntag früh um 6 aufhört, darf erit Mon- 
tag früh um 6 tmieder antreten. Fällt ein Feiertag nach einem Sonntage, 
mie wenn das Neujahr auf einen Sonnabend oder Montag fällt, dann be- 
trägt die ununterbrodyene Nuhezeit mindefteng 36 Stunden, für die beiden 
Feiertage zu Dftern, Pfingiten und Weihnachten mindefteng 48 Stunden. 
Sreilid) muß das Gefe auch Ausnahmen zulaffen. So müfjen die 
Dampffeffel öfter gereinigt werden. Wollte man da3 in der Woche machen, 
jo müßte die ganze Fabrik ftilljtehen, und viele Arbeiter büßten ihren Lohn 
ein. Darum erlaubt das Gejeb, daß Dampffeffel Sonntags gereinigt werden. 
Mande Berfe müffen bewacht werden, meil fonjt ein lUnglüd gefchehen 
könnte. Diefe Wachen dürfen aud) Sonntags vorgenommen werden. Aber 
das Gejeß befiehlt, daß danın mit den Arbeitern, die Sonntags befcdjäftigt 
find, abgewecfelt werden muß. Gonjt fönnte ja ein Arbeiter um alle jeine 
Sonntage foınmen. 
, zer Yandel ift Sonntags gleichfalls eingefchränft. Manche wollten 
ihn gänzlich verbieten. Aber das hätte viele Nachteile. Gemwiß Fönnten 
viele Leute big zun Montag warten. Aber die Dorfbewohner faufen vieles 
ı der Stadt, und viele Arbeiter Faufen gern Sonntags, weil fie da am 
Tage Taufen können und auch Zeit haben, fich die Sahen in Muße zu be-
	        
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