50 Lehrproben.
Mutter wagt, den erjchlage ich zur Strafe. Habt ihr Kinder untereinander
Bant und Streit, fo mendet ihr euch an mid. Ach merde den GStreit
Ihlidten und gebe dem Necht, der Recht hat. So ward Mord und Totjchlag
innerhalb einer K amilie verboten. Der Vater mar Richter und Rächer
in einer PBerfon.
Allmählicd) vergrößerten jich die „yamilien” zu Horden und Gefchlechtern.
E3 lebten mohl 100 Menjdhen und mehr beifanımen unter einem Häuptlinge,
unter einem Stamm- oder Erzvater. Die Glieder diefer Gemeinfchaft durften
fi untereinander audy nichts tun; fonft wurden fie vom Häuptlinge beftraft.
Aber jemanden aus einer fremden Horde oder Sippe zu töten, dag galt
noch immer als eine Heldentat. Da unterjodhte eine tapfre Sippe eine oder
mehrere benachbarte Sippen. Nun durften fich die Glieder aller Diefer
Eippen nicht mehr fun. Das Oberhaupt verbot dies. Du follit nicht töten,
das hieß jeht: Du follft niemanden aus unferer Gemeinfhhaft umbringen.
Allmählih entitanden größere Stämme, jchließlih Völfer und Reiche. Smner-
halb de3 Stammes ward nun der Mord verboten, dann innerhalb des
Volkes, zulegt innerhalb des Reiches. Wir Chriften aber fagen: Du follit
weder dich noch irgend einen andern Menjcdyen töten.
7. Werfoll ven Mord bestrafen? Urfprünglicd hieß es: Wer
mic, jchlägt, den fehlage ich wieder. Wie du mir, fo ich dir. MWber der
Tote fann fi) nicht wehren. Daher müßte der Mörder ftraflog ausgehen.
Man fühlte aber fchon früh, daß der Mord ein fchmweres Verbrechen ift.
Darum maren die Angehörigen verpflichtet, den Mord zu rächen. Sie waren
ja duch den Mord zunächit gefchädigt worden. hr Vater, ihr Bruder, ihre
Schreiter war ihnen geraubt worden. Nun madten fidy die Angehörigen
auf die Beine und fuchten den Mörder auf. Gie bemaffneten fi mit
Keulen, Spießen und Pfeilen und fuchten den Mörder zu überfallen. Der
aber ahnte fchon nidht8 Gutes und rief feine Ungehörigen zu Hilfe. So
fam es durch diefe Blutradhe zu neuem Blutvergiefen. War die Familie
des Mörders ftärker, fo gemwann fie und erjchlug momöglid) oc) einige von
den Angehörigen de3 Ermordeten. War fie die fchmäcdhere, jo ftel nicht bloß
der Mörder, fondern auch feine Vermmandten. So wurden aus einem Morde
viele. Daß dies ein großer Übeljtand mar, fah man auch bald ein.
8. Wer foll den Mörder ausforfhen? Nehmt jest einmal
an, der Bater einer Familie it erfchlagen morden. röhlih ging er
auf die Mrbeit; unterwegs fiel ihn ein Gtrol an und erfchlug ihn.
Mutter und Kinder warteten Schon länger auf feine Heimkehr; da fommt
ein Bote und meldet das Ichredfihe Verbrechen. Weinend jtehen fie da und
fönnen es faum fallen, wie das möglich if. Nehmt nun an, niemand
fünmerte fih um den Mörder. E3 märe die Aufgabe der Mutter und ihrer
Kinder, den Mörder auszuforfchen und feitzunehmen. hre Kinder mären
noch Hein. Könnte fie die Kinder allein laffen? Könnte fie allein den
Mörder auffuchen und feftnehmen? Wären aber auch ihre Kinder größer, fo
wären fie doch wohl Faum imftande, den Mörder ausfindig zu machen.
Wollten fie viele Tage und Wochen lang nur nad) dem Mörder fahnden, jo
toftete das ihnen viel Geld. Dazu verdienten fie nichts. Wären fie arm, fo
müßten fie da3 bleiben laffen. Hätten fie eine Wirtjchaft, einen Laden, fo
tönnten fie aud) das Haus nicht allein laffen. Kurz und gut, fie Fönnten
den Mörder nicht verfolgen, fie müßten ihn laufen laffen. Straflos bliebe er,
und er freute fich in feiner Frechheit und Gemiffenlofigfeit no, jo unbe-