Full text: Ratgeber für deutsche Lehrer und Erzieher

52 Lehrproben. 
Nicht alle Bürger fönnen fi) an der Verfolgung des Mörders beteiligen. 
Das wäre gar nicht zmedmäßig. Daher hat der Staat eine Behörde ein. 
gerichtet; Diefe ıjt verpflichtet, fofort einzugreifen, wenn irgendwo ein Mord 
oder Totjchlag vorgefommen if. Das ift die Staatsanmwaltfchaft. 
Shr müffen die Dorfpoliziften und die Gendarmen helfen, wie aud) die Ge- 
meindevorftände und Bürgermeifter. Die Staatsanmaltichaft hat viele Männer 
unter fi, die bloß nach foldhen DBerbrehen forihen. PDiefe Männer 
(Striminalbeamte) Sind in der Ausfundfchaft bemandert. Sie haben Bilder 
von allen Verbrechern und mijfen, wo dieje fid gewöhnlich verbergen. Gie 
gehen oft ganz fchlecht angezogen in diefe Spelunfen und horchen, was da 
die unheimlichen ©efellen fıch erzählen. Gie fchreiben fofort alles auf, 
mas fie über ven Mord erfahren. Dann teilen fie die3 allen andern Be- 
börden mit. Auf den Bahnhöfen itehen Gendarmen und beobadıten, ob der 
Gefuchte vielleicht mit aus- oder einjteigt. Kurz, die Behörden geben jid) 
alle erdenflihe Mühe, den Mörder herauszufriegen. Mögen viele Mörder 
es nod) fo jchlau andrehen, viele werden doc entdedt und verhaftet. 
Tsreilich bleiben aud) manche unentdedt, weil man gar nichts über fie mußte. 
Da it es nun em Glüd, daß man heutzutage ungeheuer weit it in Der 
Unterfuhung. Wie oft wird der Mörder mit Blut befprikt! Früher jagte 
er dann metit, ich habe ein Tier gefchlacdhtet. Aber heute fanın man mit 
dem PVergrößerungsglafe genau feitjtellen, ob die DBlutfleden von Menfchen- 
oder Tierblut herrühren. Ferner nimmt man jet auch vielfud Poltzet- 
hunde zu Hilfe. Hat 3. B. der Mörder von fi etwas an der Morpditelle 
liegen lajjen, jo läßt man den Spürhund daran riehen. Dder man läßt 
feine Fußfpur berieben. Nun geht der Spirhund der Spur nad. Schon 
oft hat man auf diefe Weile Mörder ausfindig gemadit. E33 muß nod) ein- 
mal jo weit fommen, daß fein Mörder unentdedt bleibt. Ntäme es Ddahın, 
würden auch die Morde rafch abnehmen. Denn die meiften Mörder denen, 
fie werben nicht entdeckt. 
83 ilt durdhaug zmedmähig, daß der Staat durch bejondre Behörden 
die Mörder verfolgen und fejtnehmen läßt. Da3 verurfadht die geringiten 
Koften und Übelftände und verbürgt den hödjften Erfolg. Aber mer ctmas 
weiß, muß davon der Behörde Mitteilung madjen. Um recht viel Mitterlungen 
zu erhalten, jeßt die Behörde Belohnungen aus für den, durd) dejfen An- 
gaben fie dem Mörder auf die Spur fommt. Wenn die Behörde die Vlörder 
verfolgt, fo tut fie das, um unfer Wohl, unfre Wohlfahrt zu fürdern. Gie 
mill nicht, daß mir oder unfre Lieben durd) rudjlofe Hand daS Leben ver- 
fieren. €3 ijt deshalb unfre Pflicht, die Behörde in ihren Nachforschungen 
zu unterjtügen. 
11. Warum beftraft nidt die $Jamilie des Er- 
mordeten den Mörder? Ehemal3 mußte der nädjite Verwandte 
den Mörder beftrafen. Der nädjite Verwandte war ja anı unmittelbariten 
und meilten betroffen worden. Wenn nun der Staat den Mörder heraus- 
gefriegt hat, fo fönnte er ihn der Familie des Ermordeten ausliefern. Wäre 
das richtig? Nein. Sie fönnte ihn wohl faum in ficherem Gemahrfant be- 
Halten. Viele Verbrecher würden da mieder entfliehen. Man braudt be- 
fondre Gebäude, Gefängniffe, um die feitgenommmenen Verbrecher ficher zul 
verwahren. Srüher behielten die Städte die Verbrecher ın ihren Gtabt- 
gefängnis. Aber aud) da3 mar nod) nicht fiher genug. Darum kommen bie 
Angeklagten ins Gerichtsgefängnis. Dort find fie ficher aufgehoben.
	        
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