62 Zehrproben.
heiratet, jo mwird er megen Doppelehe mit Zuchthaus beftraft; ebenfo eine
Stau, wenn fie fih mit zwei Männern verheiraten wollte. Leider fommen
troß aller Sorgfalt bei dem Aufgebot noch immer folhe Doppelehen vor.
Die Doppelehe verbietet der Staat: a) wegen de3 andern Gatten, b) wegen
der Kinder. Der andere Gatte und die Kinder würden fchmer gejchädigt.
4. Der Staat jcheidetpdie Ehe. Da die Ehe vorm Staate und
bom Staate gefchloffen morden ijt, fo Tann fie auch nur der Staat wieder
auflöfen und jcheiden. Gemiß, es ilt ein fchweres Unheil, wenn eine Ehe
wieder gejchieden merden foll. Aber in manchen Fällen ift die Scheidung
doch da3 Kleinere Übel, mern fich die beiden Eheleute gar nicht vertragen
fünnen. Der Staat hat nun ın feinen Gefegen bejtimmt, wann eine Che
wieder geichieden werden fann. Die Scheidung foll nicht zu leicht erfolgen;
jonft würden viele Ehen mie in Nordamerika bei dem geringften Streite und
Anlaß gleich gefchieden. Die Scheidung foll aber auch nicht gänzlich unmög-
ih fein. Das fieht man in fatholifhen Ländern, wo die Fatholifche Kirche
die Scheidung nicht erlaubt. Da gibt e3 dann leider viele fog. wilde Ehen; die
eigentlichen Eheleute leben getrennt voneinander, und fie leben mit andern
wie Eheleute zufammen. Das ıft doch tatfälhlicd) eine Mißachtung der Ehe.
Dies hat fich der Gefeggeber aucd gefagt. Tarum läßt das Gefek die Ehe-
Icheidung zu. Vorher muß ein Siüthnetermin gehen; d. h. man verjudit, die ent-
zweiten Eheleute wieder auszuföhnen. Erjt wenn die Ausföhnung nicht gelingt,
darf das Gericht den Prozeß der Chefcheidung einleiten. Diefer dauert ziemlid)
lange. Das alles erfchwert die Ehejcheidung. Sit Die Scheidungsflage berechtigt,
fo fcheidet der Richter die Ehe. Der jchuldige Teil muß alle often bezahlen
und momögli noch eine Gefängnisftrafe abbüßen. Sculdig ift 3. B. der
Mann, wenn er die Frau gröblich mißhandelt, oder wenn er fie bösmillig
verläßt und troß der behördlichen Aufforderung meiter verläßt. Hat der Mann
ein fchmeres Verbrechen begangen, jo fann fich die Frau fcheiden lafjen, denn
man Fann ihr nicht zumuten, daß fie mit einem folchen Menfchen gezimungener-
maßen meiter leben foll. Berfällt ver Mann in eine fehmere ©eiftesfranfheit,
und dauert diefe länger al3 drei Jahre, fo fann fi die Frau ebenfalls
icheiven laffen. Denn e3 ift anzunehmen, daß die Getitesfrantheit unheilbar
ift. Sm diefem Falle hat die Natur die Ehe bereits gefchieden, und daS Ge-
fe erkennt die natürlihe Scheidung nun nadträglih an. Go ift aud) in
andern Sällen die mirfliche Scheihung bereits erfolgt, fei e8 dur) ein Ver-
brechen, fei e8 durd) bösmilliges Verlaffen. Das Gefeb fügt zu diejer bor-
herigen Trennung nur noch die bürgerlich-gefeglihe Scheidung.
5. Der Staat forgt bei der Sheidung für die
Kinder Muß eine Ehe gefchieden werden, fo verteilt das Gericht Die
Kinder. Diefe follen nicht mehr leiden, als e3 nötig it.
6. DerStaatfhüst Sittlihfeitundfeufdhheit.
Gr beftraft alle Verbrechen mider die Sittlichfeit mit fehweren Gefängnis-
und Zuchthausftrafen. Er beitraft auch alle unzüchtigen Handlungen.
Leider Fan man die tiefiten Gründe mit Kindern nicht erörtern. Alle
diefe Gebote haben den Zmed, eine gejunde Nachfommenfchaft zu verbitrgen.
Meinen gefunden Leib verdanfe ich der Mäßigfeit, der Keufchheit und dem
gefitteten und geordneten Lebenswandel von unzähligen Voreltern. Darum
bin ich verpflichtet, auf meine Nachfommen einen gleichgefunden Leib und
Seift zu vererben. Gerade die Sünden wider das 6. Gebot werben an den
Kindern heimgefucht bis ins 3. und 4. Glied.