Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

Deutsches Reich. 5 
geltenden Formen. Als Organe des Zollvereins fungierten analog 
dem Organismus des Norddeutschen Bundes ein Zollbundesrat und 
ein Zollparlament unter der Krone Preußen als Zollpräsidium. Neben 
diesen gemeinsamen, durch völkerrechtliche Bündnisse geschaffenen Ein- 
richtungen enthielt Art. 79 der Norddeutschen Bundesverfassung den 
Ubergang zu einem en geren bundesrechtlichen Verhältnisse durch 
die Bestimmung, daß der Eintritt der süddeutschen Staaten oder eines 
einzelnen derselben in den Nordbund auf Vorschlag des Präsidiums 
im Wege der Bundesgesetzgebung erfolgen könne. 
Das Werk der nationalen Einigung wurde in den Siegestagen des 
Deutsch-Französischen Krieges vollendet. Die Zeit für die volle staat- 
liche Verbindung aller Teile Deutschlands war gekommen; an die Stelle 
des Norddeutschen Bundes trat vorübergehend der „Deutsche Bund", 
um bald darauf dem Deutschen Reiche Platz zu machen. Rechts- 
geschichtlich ruht dessen Gründung auf der zwischen dem Norddeutschen 
Bunde, Baden und Hessen geschlossenen Vereinbarung vom 15. No- 
vember 1870 über Gründung des Deutschen Bundes und Annahme 
der Bundesverfassung; auf dem Vertrage vom 15. November 1870 
zwischen dem Norddeutschen Bunde, Baden und Hessen einerseits und 
Württemberg andererseits, betreffend den Beitritt Württembergs zur 
Verfassung des Deutschen Bundes, und auf dem Vertrage vom 23. No- 
vember 1870 betreffend den Beitritt Bayerns zur Verfassung des Deutschen 
Bundes. Die Verträge wurden noch im Laufe des Jahres 1870 von dem 
norddeutschen Reichstage, den württembergischen, badischen und hessischen 
Ständen, im Januar 1871 von dem bayerischen Landtage genehmigt und 
erlangten durch Publikation in den Gesetzsammlungen der kontrahierenden 
Teile rechtliche Gültigkeit. Der Anfangstermin ihrer verbindlichen Kraft 
war auf den 1. Januar 1871 festgesetzt worden. Vorher war bereits 
mittels der Vorlage des Bundesrats vom 9. Dezember 1870 die Modi- 
fikation der Bundesverfassung beantragt und seitens des Reichstages 
am 10. Dezember angenommen worden, daß der Deutsche Bund 
den Namen Deutsches Reich und der Träger des Bundes- 
präsidiums den Namen De utscher Kaiser führen solle. Die 
Herstellung des deutschen Kaisertums durch den König von Preußen 
erfolgte in festlicher Feier zu Versailles am 18. Januar 1871 und wurde 
an demselben Tage dem deutschen Volke durch Proklamation vom 
17. Januar 1871 im „Preußischen Staatsanzeiger“ verkündet. 
Der Gang der Verhandlungen, welche zur Aufrichtung des Deutschen 
Reiches geführt hatten, brachte es als Folge mit sich, daß das Ver- 
fassungsrecht in seiner Beziehung auf die süddeutschen Staaten in einer
	        
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