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beeinflusst die Hauptverhandlung in keiner Weise; der Angeklagte
ist bis zur Aburtheilung keine verdächtige Person. Als Ver-
theidiger können nur Militärpersonen, Advokaten oder Anwälte
fungiren; die beiden letzten Kategorien sind erst in modernen
Zeiten im vollen Umfange zur Vertheidigung zugelassen worden;
andere Personen können nur assistiren, ohne einen Anspruch auf
richterliches Gehör zu besitzen. Der Vertheidiger hat dieselben
Rechte, wie der Angeklagte selbst. In einer Beziehung ist der
Militärstrafprozess sogar dem bürgerlichen Strafprozesse vorauf-
geeilt, insofern nämlich der Angeklagte persönlich Erklärungen
abgeben darf. Eine Vereidigung des Angeklagten findet indessen
nicht statt und ein Kreuzverhör ist ausgeschlossen.
Sämmtliche Zeugen werden eidlich vernommen. Wie im
bürgerlichen Strafprozesse, erfolgt die Vernehmung direkt durch
die Parteien. Die den Zeugen vorführende Partei beginnt; es
folgt das den Schwerpunkt der Vernehmung bildende Kreuz-
verhör durch den Gegner, und schliesslich darf der Beweisführer
weitere Fragen über erst im Kreuzverhör hervorgetretene Punkte
stellen. Zur Stellung von Fragen ist auch der Judge-Advocate
befugt, welcher insbesondere dann intervenirt, wenn es dem An-
geklagten selbst nicht gelingt, zweckdienliche Fragen zu formu-
liren. Ueber als unzulässig beanstandete Fragen entscheidet das
Gericht nach vorgängiger kontradiktorischer Verhandlung, während
welcher der Zeuge entfernt zu werden pflegt. Bis zu dem Vor-
trage des Angeklagten über das Ergebniss der Aufnahme der
Entlastungsbeweise kann auf Parteiantrag eine Wiederholung der
Vernehmung gestattet werden. Das Gericht selbst kann jeder Zeit
bis zur Urtheilsfindung eine weitere Vernehmung oder eine Ver-
nehmung neuer Zeugen anordnen; solchenfalls sind indessen auch
die von den Parteien gewünschten Fragen zu stellen. Ueber-
haupt kann das Gericht in jedem Stadium des Verfahrens Fragen
an die Zeugen richten, einschliesslich derjenigen Fragen, welche
die Parteien selbst nicht mehr direkt stellen können. Dem