190 Hessen.
Art. 2. Die Beschlüsse der Bundesversammlung, welche die ver-
fassungsmäßigen Verhältnisse Deutschlands, oder die Verhältnisse deutscher
Staatsbürger im Allgemeinen betreffen, bilden einen Theil des Hessischen
Staatsrechts und haben, wenn sie von dem Großherzoge verkündet worden
sind, in dem Großherzogthume verbindende Kraft.
Hierdurch wird jedoch die Mitwirkung der Stände in Ansehung der
Mittel zur Erfüllung der Bundes-Verbindlichkeiten, in so weit dieselbe
verfassungsmäßig begründet ist, nicht ausgeschlossen.
Art. 3. Das Großherzogthum bildet, in der Gesammt-Vereinigung
der älteren und neueren Gebietstheile, ein zu einer und derselben Ver-
fassung verbundenes Ganze.
Art. 4. Der Großherzog ist das Oberhaupt des Staats, vereinigt
in Sich alle Rechte der Staatsgewalt und übt sie, unter den von Ihm
gegebenen, in dieser Verfassungsurkunde festgesetzten Bestimmungen, aus.
Seine Person ist heilig und unverletzlich.
Art. 5). Die Regierung ist in dem Großherzoglichen Hause erblich
nach Erstgeburt und Linealfolge, vermöge Abstammung aus ebenbürtiger,
mit Bewilligung des Großherzogs geschlossener Ehe.
In Ermangelung eines durch Verwandtschaft, oder Erbverbrüderung
zur Nachfolge berechtigten Prinzen geht die Regierung auf das weibliche
Geschlecht über. Hierbei entscheidet Nähe der Verwandtschaft mit dem
letzten Großherzoge, bei gleicher Nähe das Alter.
Nach dem Uebergange gilt wieder der Vorzug des Mannsstammes.
Die diesen Grundsätzen entsprechenden näheren Bestimmungen
werden durch das Hausgesetz festgesetzt, welches insofern einen Bestand-
theil der Verfassung bildet.
Titel II.
Von den Domänen.
Art. 6. Ein Drittheil der sämmtlichene Domänen, nach dem Durch-
schnitts-Ertrag der reinen Einkünfte berechnet, wird, nach der Auswahl
des Großherzogs, an den Staat abgegeben, um, mittelst allmäligen Ver-
kaufs, zur Schuldentilgung verwendet zu werden.
Art. 7. Die übrigen zwei Drittheile bilden das schuldenfreie un-
veräußerliche Familien-Eigenthum des Großherzoglichen Hauses.
Die Einkünfte dieses Familienguts, worüber eine besondere Be-
rechnung geführt wird, sollen jedoch in dem Budjet aufgeführt und zu
den Staatsausgaben verwendet werden, die zu den Bedürfnissen des
Großherzoglichen Hauses und Hofes erforderlichen Summen sind aber
darauf vorzugsweise radicirt und, ohne ständische Einwilligung, soll auch
von diesem Familiengute nichts verhypothecirt werden.
Art. 8. Bei künftigen Erwerbungen wird, nach den Rechtstiteln
des Erwerbs, festgesetzt werden, ob sie zu dem Staats= oder dem Familien-
Vermögen gehören.
Art. 9. Das Veräußerungs-Verbot des Art. 7 bezieht sich nicht auf
die Staats= und Regierungshandlungen mit auswärtigen Staaten.
1) Art. 5 Abs. 4 neu gefaßt durch Gesetz vom 26. März 1902 Art. 11.