Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

308 Reuß j. L. 
5# 22. Jedermann bleibt es frei, über das, sein Interesse benach= 
theiligende verfassungs-, gesetz= oder ordnungswidrige Benehmen oder 
Verfahren einer öffentlichen Behörde bei der unmittelbar vorgesetzten 
Stelle Beschwerde zu erheben und solche nöthigen Falls bis zur höchsten 
Behörde zu verfolgen. Wird die angebrachte Beschwerde von der vor- 
gesetzten Behörde ungegründet befunden, so ist dieselbe verpflichtet, dem 
Beschwerdeführer die Gründe ihrer Entscheidung zu eröffnen. 
23. Ebenso bleibt in jedem Falle, wo Jemand sich in seinen 
Rechten verletzt glaubt, ihm die gerichtliche Klage offen, auch in ge- 
eigneten Fällen unbenommen, die Verwendung des Landtages anzu- 
sprechen. 
Die gerichtliche Klage ist im Allgemeinen und abgesehen von den 
Fällen, in welchen nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift die Betretung 
des Rechtsweges soll erfolgen können, überall nicht eröffnet, wo die 
angeblich erlittene Rechtsverletzung auf einer, durch die Verfügungen 
der Staatsbehörden geschehenen Anwendung der Staats= und Hoheits- 
gerechtsame beruht, und nicht etwa ein auf einen besonderen Titel sich 
gründendes Recht als durch dieselben verletzt nachgewiesen werden kann, 
durch welches außer dem Gebiet des Privatrechtes in dem einzelnen 
Fall die Anwendung der vorgedachten Staatsgerechtsame beschränkt wird. 
5 24. Ueberhaupt ist den einzelnen Unterthanen, sowie ganzen 
Gemeinden und Körperschaften freigelassen, ihre Wünsche und Bitten 
auf gesetzlichem Wege zu berathen und vorzubringen. 
525. Ausschließliche Handels= und Gewerbs-Privilegien sollen ohne 
Zustimmung des Landtags nicht mehr ertheilt werden. Patente für 
Erfindungen können von der Regierung auf bestimmte Zeit, jedoch nicht 
länger, als auf zehn Jahre ertheilt werden. 
26. Ueber die Verhältnisse der Presse und des Buchhandels, 
sowie in Ansehung des Vereins= und Versammlungsrechts entscheiden 
die desfalls bestehenden Landesgesetze und die bundesgesetzlichen Be- 
stimmungen und zwar, was die Verhältnisse der Presse und des Buch- 
handels betrifft, bis dahin, wann ein allgemein verbindliches Bundes- 
preßgesetz für die deutschen Bundesstaaten auch in hiesigen Landen 
promulgirt sein wird. 
6#27. Das Briefgeheimniß ist unverletzt zu halten. 
Die absichtliche, unmittelbare oder mittelbare Verletzung desselben 
soll peinlich bestraft werden. 
Ausnahmen finden nur Statt in strafrechtlichen Untersuchungen und 
in Kriegsfällen. 
z 28. Jeder Waffenfähige ist im Falle der Noth zur Vertheidigung 
des Vaterlandes verpflichtet, und bestimmen über die Verbindlichkeit zum 
Kriegsdienste die betreffenden Gesetze das Nähere. 
4 29. Den Gemeinden wird und bleibt die selbstständige Verwaltung 
ihrer Gemeinde-Angelegenheiten unter Oberaufsicht des Staates in ge- 
setzlicher Weise gesichert. 
§ 30. Das Vermögen und Einkommen der Gemeinden und ihrer 
Anstalten darf nie mit dem Staatsvermögen oder den Staatseinnahmen 
vereinigt werden.
	        
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