Reuß j. L. 309
5m31. Die besonderen Verhältnisse der Staatsdiener richten sich
nach den, die Rechte und Pflichten derselben zum Gegenstande habenden
Gesetzen und Dienstvorschriften.
5 32. Eine Vorschrift, welche die nachgesuchte Dienstentlassung un-
bedingt ausschließt, ist unstatthaft.
33. Ein jeder Staatsdiener bleibt hinsichtlich seiner Amtsver-
richtung insofern verantwortlich, als er nicht zu deren Vornahme durch
seine vorgesetzte Behörde angewiesen worden ist.
34. Die Rechtspflege ist von der Landesverwaltung getrennt.
* 35. Die Betretung und Verfolgung der gesetzlich gegebenen Rechts-
wege vor den Landesgerichten darf nicht gehindert werden.
8361).
8 37. Niemand darf seinem ordentlichen Richter, sei es in bürger-
lichen oder peinlichen Fällen entzogen werden, es sei denn auf dem
regelmäßigen Wege nach den Grundsätzen des bestehenden Rechts durch
das zuständige obere Gericht.
Es dürfen demnach außerordentliche Kommissionen und Gerichts-
höfe nicht eingeführt werden, es sei denn, daß der Kriegszustand erklärt
worden, in welchem Falle auch gegen Zivilpersonen die Militärgerichts-
barkeit innerhalb der vorgeschriebenen Grenzen Statt finden kann.
5 38. Niemand darf anders, als in den durch die Gesetze bestimmten
Fällen und Formen zur gerichtlichen Untersuchung gezogen, zu gefäng-
licher Haft gebracht, darin zurückgehalten, oder gestraft werden.
639. Jeder Verhaftete muß von dem verhaftenden Gerichte, be-
ziehungsweise von demjenigen Gerichte, an welches derselbe abzuliefern
ist, wo möglich sofort, oder längstens binnen acht und vierzig Stunden
nach seiner Verhaftung oder Ablieferung von der Ursache der Verhaftung
in Kenntniß gesetzt und durch einen Gerichtsbeamten verhört werden.
Jeder für eine gerichtutche Untersuchung Verhaftete muß an das
zuständige Gericht ohne Verzug abgeliefert werden.
40. Die Haussuchung findet nur auf Verfügung einer zuständigen
Gerichts= oder Polizeibehörde Statt.
*i 41. Keinem Angeschuldigten darf das Recht der Beschwerde-
führung während der Untersuchung, das Recht der Vertheidigung oder
der verlangte Urtheilsspruch versagt werden. «
§42.DerVerhafteteistberechtigt,unterdergeeignetengericht-
lichen Aufsicht mündiich oder schriftlich über seine Familien-Angelegen-
heiten mit seinen Angehörigen sich zu benehmen, auch während der
Untersuchung aus seinen eigenen Mitteln bessere, als die gewöhnliche
Kost sich zu verschaffen. ·
Wegen Mißbrauchs, oder aus sonstigen gerechtfertigten Gründen
kann diese Berechtigung vom Gerichte untersagt werden.
mö 43. Die Gerichte für die bürgerliche und Strafrechtspflege sind
innerhalb der Grenzen ihres richterlichen Berufs in allen Instanzen
unabhängig. Dieselben entscheiden, ohne irgend eine fremde Einwirkung,
1) g 36 aufgehoben durch Gesetz vom 12. September 1879; vgl. dazu auch Anmerkung
zu den §8 113—115.