Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

82 Baden. 
gesetzen, oder zur Abänderung oder authentischen Erklärung der be- 
stehenden, ist die Zustimmung der absoluten Mehrheit einer jeden der 
beiden Kammern erforderlich. 
* 65 à 1). Das Recht, Gesetze vorzuschlagen, steht dem Großherzog, 
sowie jeder Kammer zu. 
66. Der Großherzog bestätigt und promulgiert die Gesetze, er- 
läßt die zu deren Vollzug und Handhabung erforderlichen — die aus dem 
Aufsichts= und Verwaltungs-Recht abfließenden — und alle für die 
Sicherheit des Staats nötigen Verfügungen, Reglements und allgemeinen 
Verordnungen. Er erläßt auch solche, ihrer Natur nach zwar zur ständischen 
Beratung geeignete, aber durch das Staatswohl dringend gebotene Ver- 
ordnungen, deren vorübergehender Zweck durch jede Verzögerung ver- 
eitelt würde. 
8 672). Die Kammern haben das Recht der Vorstellung und Be- 
schwerde; Verordnungen, worinnen Bestimmungen eingeflossen, wo- 
durch sie ihr Zustimmungsrecht für gekränkt erachten, sollen auf ihre 
erhobene gegründete Beschwerde sogleich außer Wirksamkeit gesetzt 
werden. Sie können den Großherzog unter Angabe der Gründe um 
den Vorschlag eines Gesetzes bitten. Sie haben das Recht, Mißbräuche 
in der Verwaltung, die zu ihrer Kenntnis gelangen, der Regierung an- 
zuzeigen. 
Beschwerden einzelner Staatsbürger über Kränkung in ihren ver- 
fassungsmäßigen Gerechtsamen können von den Kammern nicht anders 
als schriftlich und nur dann angenommen werden, wenn der Beschwerde- 
führer nachweist, daß er sich vergebens an die geeigneten Landesstellen 
und zuletzt an das Staats-Ministerium um Abhilfe gewendet hat. 
Zu Beschwerden, welche die Beschuldigung einer Verletzung der 
Verfassung oder verfassungsmäßiger Rechte enthalten, ist die zweite 
Kammer allein befugt. Jedoch steht der ersten Kammer dasselbe Recht 
der Beschwerde an den Großherzog wegen Verletzung ihrer verfassungs- 
mäßigen Rechte zu. Die Beschlüsse über derartige Beschwerden erfordern 
die in § 67 a vorgeschriebene Stimmenmehrheit. 
Zu anderen Vorstellungen an den Großherzog sind beide Kammern, 
sei es in Gemeinschaft, sei es jede für sich allein, berechtigt. 
Eine Bitte um Vorlage eines Gesetzes darf nur dann von einer 
Kammer an den Grohherzog gebracht werden, wenn dieselbe zuvor der 
andern Kammer mitgeteilt und dieser Gelegenheit gegeben worden ist, 
sich darüber auszusprechen. 
IVa. Von den Anklagen gegen die Minister. 
67a#y. Die zweite Kammer hat das Recht, die Minister und Mit- 
glieder der obersten Staatsbehörde wegen einer durch Handlungen oder 
Unterlassungen wissentlich oder aus grober Fahrlässigkeit begangenen 
Verletzung der Verfassung oder anerkannt verfassungsmäßiger Rechte, 
1) Gesetz vom 21. Dezember 1869. 
*) Gesetz vom 20. Februar 1868. 
*) Gesetze vom 20. Februar 1868 und vom 24. August 1904.
	        
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