1985
Provinztal-Verordnungen.
(Die Einführung der Todtenbeschau in der Po-
vinz Tirol betreffend.)
Im Namen Seiner Majestät des Königs.
Obwohl schon eine Verordnung vom Jahre
1766 die allgemeine Todtenbeschau auftrug,
und spätere Verordnungen, besonders jene vom
al. Februnar 1784, dieselbe näher bestimmten;
so hat man doch mit Mißvergungen bemerkt,
daß dieselbe dermal nur noch in wenigen
Orten gepflogen, in den meisten aber gänzuch
ausser Acht gelassen werde.
Um diese zur Sicherheit des Lebens der
Buͤrger so nöthige Polizei-Anstalt wieder in
Gang zu bringen, wird hiemit verordnet:
1. Daß in allen Stddren, Märkten und
auch Dörfern ohne Verzug ein hiezu fähiger
Wundarzt als Todtenbeschauer ausgestellt, und
beeidet werde. Die an Städte und Flecken an-
gränzenden kleinen Orte und Höfe rc. sind bei
dieser Anstalt zu dem Hauptorte zu ziehen, und
so jedem Todtenbeschauer sein bestimmter Di
Ktrikt anzuweisen.
2. In entlegenern kleinen Orten, wo kein
Wundargt ist, oder an Einsdhöfen re. ist jeder
Arze, oder geprüfte Wundart die Besichtigung
des Todten vorzunehmen berechtiget, sey es
derjenige, welcher ihn in seiner vorausgehenden
Krankheit behandelte, oder ein anderer, welcher
diesfalls gerufen wird. Der Wirkungekreis
dleser ausserordentlichen Todtenbeschauer er-
1936
streckt sich also auf sene Wohnpläze, welche
nach Nro. 1. nicht in einen ordentlichen Di-
strikt eingezirkt werden konnten «
3. Jeder Todfall, ohne Unterschied der
Person und des Staudes, muß dem Todtenbe-
schauer angezeigt werden, welcher sodann den
Todten genau zu besichtigen, und wohl Acht zu
geben hat: ob er an demselben richtig alleZeichen
des Todcs bemerke, oder: ob etwa elnige vor-
handene Umstände den Verdachr eines Schein-
Tedes erwecken könnten, wo er sogleich die
geeigneten Wiederbelebungs-Versuche zu ma-
chen verpflichtet ist. Er hat ferner darauf zu
sehen: ob keine Spuren eines gewaltsamen
Todes, z. B. Verlezungen, starke Entstellung
und Auftreibung des Körpers r2c., welche auf
Vergiftungen schliessen lassen 2c.; zu entdecken
seyen, in welchem Falle er der betreffenden
Obrigkeit die Anzeige sogleich zu machen har,
damit diese die weiteren nöthigen Verfügungen
treffen könne.
4. Auch todgeborne Kinder, sse mägen
ehevor die Nothtause empfangen haben, oder
nicht, sind dem Todtenbeschauer anzuzeigen,
welcher bei denselben mit verdoppelrer Aufmerk-
samkeit: eb nicht ein gewaltsamer Tod statt
gefunden habe, die Besichtigung vorzunehmen,
und ihre Beerdigung in den allgemeinen Kirch-
hof einzuleiten hat. Die Beerdigung derselben
ausser den Kirchhöfen wird durchaus verbothen.
Die Landgerichte werden angewiesen, diese-
nigen, welche dagegen handeln, schärfest zu
untersuchen, und dieselben nach Verhälrniß der
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