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Art. 95. Diese drei Faͤlle sezen die un-
umgängliche Nothwendigkeit der wirkli:
chen Uebernahme oder Uebergabe
der älterlichen Güteroder Gewer-
be voraus, und sollen also nicht auf eine
bloße, von den Aeltern während ihrer Leb-
zeit vorgenommene Theilung ihres Ver-
mögens und noch weniger auf den freien An-
kauf eines Gutes aus dritter Hand ausge-
dehnt werden.
Art. 96. Es kann zwar der Werth des
Gutes oder der Besizungen nicht bestimmt, oder
zu einem in sedem Falle anwendbaren Maaß-
stabe festgesezt werden; allein wegen des Be-
sires oder der Uebernahme eines Hauses von
geringem Werthe, wobei nicht Oekonomie
eder ein sonstiges Gewerbe getrieben wird,
wegen eines bloßen Antheils an einem Hause
ohne Grundstücke, und wegen des Bestzes
walzender Grundstücke, an einzelnen Aeckern
ohne Häuser, darf deswegen dem Militir=
pflichtigen in den angegebenen drei Fällen
die Entlassung noch nicht ertheilt werden.
Art. 97. Auch kann dieselbe nicht jedes
Gewerbe, oder jede Gewerbsart bewirken;
es soll vielmehr hiebei der, dem Honfkri-
birten oder seiner Familie durch das eins-
weilige Aufhoͤren der Ausuͤbung des Gewer-
bes, zugehende Schaden und Nachtheil,
oder der davon fuͤr den Staat, einen Be-
jirk, oder eine Gemeinde hervorgehende Nu-
zen als der wesentliche Grund zur Bewir=
kung der Entlassung von der Militärpflicht
betrachtet, und genau geprüft werden.
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Art. o. Diese Entlassungen beziehen sich
zwar im wesentlichen und im allgemeinen
auf die Art. 04 bestimmten drei Fälle. Um
indessen, so weit es nur immer, unbescha-
det der Ergänzung der Armee, und ohne
Nachtheil der Militärpflichtigen überhaurt,
geschehen kann, zum Besten der Untertha-
nen jede Rücksicht in Beziehung auf die
Beförderung der Bevöôlkerung, der Agri-
kultur, und der Gewerbe eintreten zu lassen,
und diese auf die wenigst drückende Art mit
der nothwendigen Strenge der Konskriptions=
Geseze dennoch in Verbindung zu bringen;
so wird bewilliget, daß jenen Konskri-
birten, welche ohne zum Dienste
aufgefodert worden zu seyn, zwei
Altersklassen zurückgelegt haben,
auch noch in den folgenden Fallen die Ent--
lassung ertheilt werden bürfe:
a) wenn ein Vater (oder die verwittwete
Mutter), welcher zwei oder mehrere
von einander getrennt liegende Güter
besize, eines davon an einen seiner Söh-
ne,, welcher die zweite Klasse des mili-
tärpflichtigen Alters vollig zurückgelege
hat, oder an eine Tochter, welche ei-
nen solchen Konskribirten heurathen
will, zu übergeben Willens ist, wenn
er auch schon weder durch Alter noch son-
stige Gebrechlichkeiten dazu genöthiget
waͤte;
b) wenn ein solcher Vater einen bedenten-
den Umfang an Aeckern oder sonstigen
liegenden Orundstuͤcken besizt, davon ei-