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vürfen, oder Zeuge ihrer wehmüthigen Trennung von dem Geburtslande gewesen
zu seyn.
Am 26. May, dem Vermählungstage, Vormittags, hatten die Durchlauchtig-
sten Aeltern der hohen Braut die Glückwünsche sowohl Einzelner an Herren und
Jungfrauen aus der Mitte der oben bey'm Auszuge der Herzogin genamnten Beglei-
tungen, als des ganzen Hofes in besonderen Kouren angenommen, worauf Mittags
eine große Hoftafel folgte. — Abends beging die hiesige Erholungögesellschaft die-
sen festlichen Tag auf eine würdige Weise in dem großen, schon an sich architekto-
nisch schönen Schießhaus-Saale, der reich erleuchtet und unter Mitwirkung des Ober-
Baudirektors Coudray besonders geschmückt war. In der Tiefe der dorischen Säu-
lenhallen sah man unter Laub= und Blumengewinden Hymens Altar mit den verein-
ten Königl. Preußischen und Großherzoglich Sächsischen Wappen, auf demselben ei-
nen vollen Myrthenkranz, zur Rechten und inken Borussia und Saxonia mit Ge-
folge von Jungfrauen, vor demselben Amor und Hymen. Als gegen 7 Uhr die aller-
höchsten Herrschaften erschienen und mit dem herzlichsten Jubel ehrerbietigst begrüßt
worden waren, ecröffneten jene Jungfrauen das Fest mit einer vom Professor Riemer
gedichteten und vom Musik-Direktor Eberwein komponirten Kantate, während wel-
cher die eben in Charlottenburg vollzogene Vermählung symbolisch dargestellt und der
Myrthenkranz auf dem Altar mit Blumen, Knospen, Blüthen, jungen Lorbeer= und
Eichen-Sprossen überdeckt wurde; ein ergreifender Schluß-Chor sprach den Segen
über die Neuvermählten, deren bekränzte und verschlungene Nahmenszüge in Bril-
lant-Feuer vom Gewölbe des Saales herab die zahlreiche Versammlung magisch über-
strahlte. Diese geschmackvolle Erleuchtung mit sinnigen Arabesken und auf die Feyer
des Tages Bezug habenden Inschriften blieb während dem nachher begonnenen Fest-
balle eine dauernde Auregung zur allgemeinen Freude, welche durch die Anwesenheit
der erhabenen Großältern, Aeltern und Geschwister der Prinzessin Braut auf das
Höchste gesteigert wurde.
um dieselbe Zeit gab der Stadtrath den übrigen Einwohnern der Residenz=
Stadt einen Ball auf dem Stadthaus-Saale.