Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1850. (34)

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Wird auf ein Rechtsmittel des Gegners eine Freiheitsstrafe höherer Art 
erkannt, so ist die inzwischen verbüßte Freiheitsstrafe niederer Art in ibrer 
ganzen Zeitdauer auf die Freiheitsstrafe höherer Art so, als wenn der Ver- 
urtheilte diese während der ganzen fraglichen Zeit verbüßt hätte, anzurechnen. 
Diese Anrechnung tritt ein, ohne daß darauf besonders erkannt zu seyn 
braucht. 
Art. 352. 
Tritt der Verurtheilte die Strafe nicht schon vorläufig an, so ist regel- 
mäßig binnen vier und zwanzig Stunden von dem Zeitpunkte an zur Voll= 
streckung des Strafurtheiles zu schreiten, wo die Frist zur Einwendung eines 
Rechtsmittels gegen das Urtheil verstrichen ist, ohne daß ein solches eingewen- 
det wurde; oder, wenn ein Rechtsmittel eingelegt wurde, von dem Zeitpunkte 
an, wo dasselbe zurückgenommen oder durch ein Urtheil höherer Instanz er- 
ledigt wurde; oder, wo kein Rechtsmittel weiter zulässig war, von dem Augen- 
blicke der Eröffnung des Urtheiles an. 
Art. 353. 
Kann der Verurtheilte bei vorladufigem Antritte der Strafe oder bei der 
Vollstreckung nach Art. 352 nicht sofort zur Verbüßung einer Freiheitsstrafe 
abgeliefert werden, weil der Ort der Strafverbüßung vom Sitze des voll- 
streckenden Gerichtes entfernt liegt, so soll die ganze Zeit, während welcher 
er am Sitze des Gerichtes noch zurückbehalten wird, ihm so angerechnet wer- 
den, als wenn er während derselben die Freiheitsstrafe schon verbußt hätte. 
Art. 354. 
Die Vollziehung von Freiheitsstrafen ist aufzuschieben oder auszusetzen, 
so lange der Verurtheilte sich im Zustande der Verrücktheit, des Wahnsinnes, 
der Raserei, des völligen Blödsinnes oder in einem solchen körperlichen Zu- 
stande befindet, daß die Vollziehung der Strafe mit der Einrichtung der Straf- 
„anstalt nicht verträglich, oder davon eine Lebensgefahr für den Verurtheilten 
zu besorgen ist. 
Art. 355. 
Sofern durch sofortige oder ununterbrochene Gefangnißstrafe oder Hand- 
arbeitsstrafe der Nahrungsstand oder der Unterbalt der Familie des Verurtheil- 
ten gefährdet wird, kann der vollstreckende Richter auf Ansuchen des Verur- 
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