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geschuldigte gegen juratorische Kaution oder Handgelöbniß entlassen worden ist und
sich in seinen Heimathsstaat zurückbegeben hat, von dem ordentlichen Richter des-
selben das Erkenntniß des ausländischen Gerichtes, nach vorgängiger Requisition und
Mittheilung des Urtheils, sowohl an der Person, als an den in dem Staatsgebiete
befindlichen Gütern des Verurtheilten vollzogen, vorausgesetzt, daß die Handlung,
wegen deren die Strafe erkannt worden ist, auch nach den Gesetzen des requirirten
Staates mit Strafe bedroht und nicht blos gegen polizei= oder finanzgesetzliche Vor-
schriften gerichtet ist, ingleichen unbeschadet des dem requirirten Staate zuständigen
Strafverwandlungs= oder Begnadigungs-Rechtes. Ein Gleiches findet im Falle der
Flucht eines Angeschuldigten nach der Verurtheilung oder während der Strafver-
büßung Statt.
Hat sich der Angeschuldigte aber vor der Verurtheilung der Untersuchung durch
die Flucht entzogen, so soll es dem untersuchenden Gerichte nur frei stehen, unter
Mittheilung der Akten auf Fortsetzung der Untersuchung und Bestrafung des An-
geschuldigten nach Maaßgabe der Gesetze des requirirten Staates, sowie auf Ein-
bringung der aufgelaufenen Unkosten aus dem Vermögen desselben anzutragen, und
muß diesem Antrage, wiederum unter der Voraussetzung, daß die Handlung, wegen
deren die Untersuchung eingeleitet war, auch nach den Gesetzen des reguirirten
Staates mit Strafe bedroht und nicht bloß gegen polizei= oder finanzgesetzliche Vor-
schriften gerichtet ist, von dem requirirten Staate entsprochen werden. In Fällen,
wo der Verurtheilte nicht vermögend ist, die Kosten der Strafvollstreckung zu tragen,
tritt die Bestimmung des Art. 44 ein.
Bedingt zu verstattende Selbststellung.
Artikel 36.
Hat der Unterthan des einen Staates Strafgesetze des anderen Staates durch
solche Handlungen verletzt, welche in dem Staate, dem er angehört, gar nicht mit
Strafe bedroht sind, z. B. durch Uebertretung eigenthümlicher Abgabengesetze, Po-
lizei-Vorschriften und dergleichen, und welche demnach auch von diesem nicht be-
straft werden können, so soll auf vorgängige Requisition zwar nicht zwangsweise
der Unterthan vor das Gericht des anderen Staates gestellt, demselben aber sich
selbst zu stellen verstattet werden, damit er sich gegen die Anschuldigungen verthei-
digen und gegen das in solchem Falle zuständige Contumacial-Verfahren wahren
könne.
Doch soll, wenn bei Uebertretung eines Algabengesetzes des einen Staates
dem Unterthan des anderen Staates Waaren in Beschlag genommen worden sind,
die Verurtheilung, sey es im Wege des Contumacial-Verfahrens oder sonst, nur