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der Frachtvertrag, ohne daß ein Theil zur Entschädigung des anderen verpflichtet
ist; insbesondere ist die Fracht weder ganz noch theilweise zu zahlen, insofern nicht
im Gesetze das Gegentheil bestimmt ist (Art. 619).
Art. 636.
Ereignet sich nach dem Antritte der Reise einer der im Art. 631 erwähnten
Zufälle, so ist jeder Theil befugt, von dem Vertrage zurückzutreten, ohne zur Ent-
schädigung verpflichtet zu sevn.
Ist jedoch einer der im Art. 631 unter Ziffer 1 bezeichneten Zufälle einge-
treten, so muß, bevor der Rücktritt Satt findet, auf die Beseitigung des Hindernisses
drei oder fünf Monate gewartet werden, je nachdem das Schiff in einem europäischen
oder in einem nichteuropäischen Hafen sich befindet.
Die Frist wird, wenn der Schiffer das Hinderniß während des Aufenthalts
in einem Hafen erfährt, von dem Tage der erhaltenen Kunde, anderenfalls von
dem Tage an berechnet, an welchem der Schiffer, nachdem er davon in Kenntniß
gesetzt worden ist, mit dem Schiffe zuerst einen Hafen erreicht.
Die Ausladung des Schiffs erfolgt, in Ermangelung einer anderweitigen Ver-
einbarung, in dem Hafen, in welchem es zur Zeit der Erklärung des Rücktrittes
sich befindet.
Für den zurückgelegten Theil der Reise ist der Befrachter Distanz-Fracht
(Art. 632, 633) zu zahlen verpflichtet.
Ist das Schiff in Folge des Hindernisses in den Abgangshafen oder in einen
anderen Hafen zurückgekehrt, so wird bei Berechnung der Distanz-Fracht der dem
Bestimmungshafen nächste Punkt, welchen das Schiff erreicht hat, behufs Feststellung
der zurückgelegten Entfernung zum Anhalt genommen.
Der Schiffer ist auch in den Fällen dieses Artikels verpflichtet, vor und nach
der Auflösung des Frachtvertrages für das Beste der Ladung nach Maßgabe der
Art. 504—506 und 634 zu sorgen.
Art. 637.
Muß das Schiff, nachdem es die Ladung eingenommen hat, vor Antritt der
Reise in dem Abladungshafen oder nach Antritt derselben in einem Zwischen= oder
Noth-Hafen in Folge eines der im Art. 631 erwähnten Ereignisse liegen bleiben,
so werden die Kosten des Aufenthalts, auch wenn die Erfordernisse der großen
Haverei nicht vorliegen, über Schiff, Fracht und Ladung nach den Grundsätzen der
großen Haverei vertheilt, gleichviel ob demnächst der Vertrag aufgehoben oder voll-
ständig erfüllt wird. Zu den Kosten des Aufenthalts werden alle in dem zweiten
Absatze des Art. 708 Ziffer 4 ausgeführte Kosten gezählt, diejenigen des Ein-
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