Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1872. (56)

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buchs richterlich erkaunt worden, daß die verurtheilte Person nach verbüßter Strafe 
der Landes-Polizeibehörde zu überweisen sei, so hat das Untersuchungsgericht dem- 
jenigen Großherzoglichen Bezirks-Direktor, in dessen Verwaltungsbezirke es seinen 
Sitz hat, sofort nach eingetretener Rechtskraft des Urtheils von 
dessen Inhalte Nachricht zu geben behufs schleuniger Erklärung, ob der Verurtheilte 
in das Arbeitshaus gewiesen oder zu gemeinnützigen Arbeiten verwendet werden soll. 
Wird von dem Großherzoglichen Bezirks-Direktor beschlossen, daß der Ver- 
urtheilte in das Arbeitshaus untergebracht werden soll und dieser Beschluß, noch 
bevor der Verurtheilte die ihm richterlich zuerkannte Haftstrafe vollständig abgebüßt 
hat, dem Gerichte mitgetheilt, so hat letzteres für die Einlieferung des Verur- 
theilten in das Arbeitshaus unter Beachtung der in der Ministerial-Bekanntmachung 
vom 27. Juni d. J. Nr. 1 und 2 ertheilten Vorschriften selbst Sorge zu tragen. 
Die hierdurch der gerichtlichen Verlagskasse erwachsenden Aufwände (z. B. für Be- 
kleidung des Verurtheilten, für den Transport 2c.) sind rerselben nach vorgängiger 
Spezifikation aus der Verwaltungskasse des Bezirks-Direktors, vorbehaltlich der 
Wiederbeiziehung von den Kostenpflichtigen, zu ersetzen. 
Gelangt eine Entschließung des Großherzoglichen Bezirks-Direktors darüber, 
was in Betreff des Verurtheilten nach verbüßter Haftstrafe geschehen solle, nicht 
vor beendigtem Strafvollzug an das Gericht, so hat letzteres nach seinem von Er- 
wägung der Umstände des einzelnen Falls geleiteten Ermessen zu bestimmen, ob 
der Verurtheilte nach verbüßter Haftstrafe entweder auf freien Fuß zu stellen oder 
— was z. B. bei Landstreichern und Nichtangehörigen des Großherzogthums sich 
der Regel nach empfehlen wird — dem Großherzoglichen Bezirks-Direktor zuzu- 
führen sei. 
Bei allen Einlieferungen in das Arbeitshaus, welche von Großherzog- 
lichen Behörden bewirkt werden, soll von der in der Ministerial-Bekanntmachung 
vom 27. Juni d. J. Nr. 1 enthaltenen Anforderung einer für die Entlassung 
zur Winterszeit ausreichenden Kleidung des Transportaten abgesehen, mit einer 
für den Transport zureichenden Kleidung sich begnügt und die Beschaffung jener 
ersteren nach Maßgabe des Bedürfnisses im einzelnen Falle der Verwaltung des 
Arbeitshauses überlassen, dieser aber der hierdurch erwachsende Kostenaufwand von 
dem betreffenden Großherzoglichen Bezirks-Direktor, der Wiederbeibringung von den 
Kostenpflichtigen ohnbeschadet, ersetzt werden. 
Weimar am 30. Oktober 1872. 
Großherzoglich Sächsisches Staats-Ministerium, 
Departement der Justiz. Departement des Aeußern und Innern. 
Stichling. v. Großt.
	        
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