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rufen hat. Er eröffnet die Sitzung, leitet die Verhandlungen und bestimmt
den Schluß. Er hat das Recht, diejenigen Mitglieder der Versammlung,
welche Störungen veranlassen, zur Ordnung zu verweisen, oder auch aus der
Versammlung entfernen zu lassen; ebenso steht ihm in solchen Fällen das Recht
zu, die Versammlung sofort zu schließen. — Wegen Störung der Ordnung der
Versammlung dürfen neben den etwa verwirkten gerichtlichen Strafen in jedem
Falle von dem Vorsitzenden Geldbußen bis zu 3 Thalern (9 Mark) verfügt werden.
Beleidigungen gegen den Vorsitzenden unterliegen der Beurtheilung nach
den Gesetzen.
Art. 41.
Wenn in einer Gemeinde ein Gemeinderath nicht besteht, so wählt die
Gemeindeversammlung in getrennten Wahlakten nach absoluter Stimmenmehr-
heit einen besondern Vorsitzenden, welchem dieselben Rechte zustehen und die-
selben Pflichten obliegen, wie den Vorsitzenden der Gemeinderäthe (Art. 105 fg.)
und außerdem einen Stellvertreter desselben. Bei Stimmengleichheit ent-
scheidet das Loos. Ergiebt sich nach Beendigung der Wahl keine absolute
Mehrheit und liegt auch keine Stimmengleichheit vor, so sind diejenigen beiden
Wahlkandidaten, welche die meisten Stimmen erhalten haben, auf eine engere
Wahl zu bringen.
Sollten mehr als zwei Kandidaten die meisten Stimmen gleichmäßig er-
halten haben, so bestimmt das Loos diejenigen Beiden unter ihnen, welche
in die engere Wahl übergehen sollen. Auch bei dieser Wahl entscheidet die
absolute Mehrheit und bei Gleichheit der Stimmen das Loos.
Art. 42.
Die Giltigkeit eines Gemeindebeschlusses ist bedingt:
1) durch gehörige Anordnung und Bekanntmachung der Gemeindeversammlung;
2) durch eine die Hälfte der von den Erschienenen abzugebenden Stimmen
übersteigende Mehrheit der wirklich abgegebenen Stimmen, wenn nicht
für einzelne Gegenstände, z. B. die Wahlen, etwas Anderes gesetzlich vor-
geschrieben ist. Unbeschriebene Stimmzettel und solche Stimmzettel, welche
lediglich einen mit dem Gegenstande der Verhandlung nicht im Zusammen-
hange stehenden Inhalt haben, werden nicht gezählt. Bei Stimmengleich-
heit muß die Abstimmung in einer anderweit anzuberaumenden Gemeinde-
versammlung wiederholt werden, und ergiebt sich auch hier Stimmen-
gleichheit, so wird die vorgelegte Frage als verneint angesehen.