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Indem Wir aber auch denjenigen Unserer Unterthanen oder Fremden, welche
sich in ihren Angelegenheiten in gesetzlichem Wege an Uns unmittelbar zu wenden
veranlaßt sind, stets williges Gehör zu schenken gewohnt sind; so haben Wir Uns
entschlossen, hiezu inskünftige wöchentlich einen Tag, und zwar den Freitag jeder
Woche (vom 6. December d. J. an) in der Art festzusetzen, daß es Jedem, ohne Un-
terschied des Standes, der eine Bitte, Vorstellung oder Beschwerde Uns persönlich
vorzutragen wünscht, gestattet seyn soll, sich zu dem Ende an gedachtem Tage Mor-
gens zwischen neun und eilf Uhr in Unserem Residenz-Schlosse zu Stuttgart einzu-
finden.
Da Wir jedoch nicht gemeint seyn können, durch die Anordnung dieser Audien-
zen oder durch die in Folge derselben zu treffenden Verfügungen in den ordentlichen
Geschäftsgang Unserer Gerichts= und Verwaltungs-Stellen einzugreifen; so versteht
es sich von selbst, daß Gegenstände, welche zur Entscheidung durch eine hiefür bestellte
Staats-Behörde geeignet sind, nur in dem Fall an Uns unmittelbar gebracht werden
können, wenn Jemand über Verzögerung oder Verweigerung der Rechtshülfe, oder
über geset= und ordnungswidriges Verfahren der zuständigen Verwaltungs-Behörde
sich zu beschweren, und die dießfällige Abhülfe bei der vorgeseßten Stelle vergebens
nachgesucht haben sollte.
Im Uebrigen ist Unser Wille, daß Jeder, der von dieser Erlaubniß Gebrauch
machen will, den wesentlichen Inhalt seines Vorbringens in eine vorschriftmäßig ver-
faßte Eingabe niederlege, welche er Uns am Audienztage persönlich zu überreichen und
nöthigenfalls mündlich zu erläutern hat.
Unser Minister des Innern ist mit der Bekanntmachung dieser Unserer Em-
schließung beauftragt.
Gegeben Stuttgart den 15. November 1829.
Wilhelm.
Der Minister des Innern:
v. Schmidlin.
Auf Befehl des Kbnigs:
Der Staats, Sekretär,
Vellnagel.