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Verhaͤltnisse der Eheleute, der Erbfolge, und der Fuͤrsorge fuͤr die Pfleglinge den
allgemeinen Landesgeseßen nicht unterworfen, sondern es war ihnen gestattet, sich in
diesen Beziehungen nach den in ihren Ritualgeseßen gegründeten besonderen Satungen
zu achten.
Dieses Privilegium wurde den Israeliten von Seite der Staatsregierung bei
verschiedenen Anlässen, unter ausdrücklicher Anerkennung des dießfälligen ältern Her-
kommens, zugestanden.
Verordnung der Sebtion der innern Administration vom 20. Oktober 1812, die
Verpflichtung der Judenvorsteher betreffend. (Knapp, Repertorium Thl. V.
Abth. 1, S. 575.) "
General-Rescript vom 27. Februar 1815, die Behandlung der Obsignation, Inven-=
tur und Theilung der Verlassenschaften jüdischer Unterthanen betreffend.
(Staats= und Reg. Bl. von 1315, S. 76.)
Erlaß der K. Regierung für den Reckarbreis, auf besondern Befehl, vom
29. August 1818, die Inventuren, Theilungen und Ehepakten der Juden
betreffend. (Knapp, Annalen II. Heft, S. 165.)
Zwar sollten durch die beiden zuleht angeführten Verordnungen die Israeliten
in Beziehung auf die Behandlung und Beaufsichtigung der auf jene Rechtsverhältnisse.
Bezug habenden Geschäfte von Seite der ordentlichen, zur Ausübung der freiwilligen
Gerichtsbarkeit bestellten Behörden den übrigen Staats-Angehdrigen wenigsten
theilweise gleichgestellt werden; es scheint jedoch diesen Vorschriften nie vollkommen
Volge geleistet worden zu seyn.
GC. 2.
Der kaum beschriebene Zustand hat durch die neuere Gesehgebung vom Jahr.
1823 sein Ende erreicht. Das Gesetz in Verreff der öffentlichen Verhältnisse der
israelitischen Glaubensgenossen vom 25. April 1828 verordnet namlich im Art. 4
dass die allgemeinen Landesgesehe über die Vermsgens-Verhältnisse der Ebegatten.
über die eheliche Errungenschafts-Gesellschaft, über vertragsmäsige, teshamen=
tarische und gesehliche Erbfolge, über die Aufnahme von Zubringens-Inventarien
Theilung der Verlassenschaft des Verstorbenen, und Fürsorge für die Minderjährigen
und für Andere, welche eines Vormundes bedörfen, auch bei den Isracliten ihre volle.
Anwendung finden sollen. (Reg. Bl. von 1828, S. 315, Art. 4 1.)