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7) Der in g. s der Instruktion vom 22. Januar 1824 wegen des Aufenthalts
der Ehefrau und der Kinder bei dem Ehemanne und den Eltern ausgesprochene
Grundsatz findet auch bei den Zigeunern Anwendung, wobei jedoch, wie sich
von selbst versteht, nur solche Kinder gemeint sind, die noch nicht selbststaͤndig
auf eigene Rechnung leben.
Auch haben die Bezirksaͤmter bei der Vollziehung dieses Grundsaßes
genau darauf zu achten, ob der Zigeuner mit seiner angeblichen Ehefrau
wirklich ehelich getraut sey oder im Conkubinats-Verháltnisse stehe, und
lehteren Falls wegen Bestrafung der Schuldigen und wegen Aufhebung des
bisherigen unerlaubten Verhältnisses, je nach Umständen durch Trennung
oder gesehmäsige Trauung der betreffenden Individuen, die geeignete Für-
sorge zu treffen.
8) Die im schulpflichtigen Alter stehenden Kinder von Zigeunern sind an dem
ihnen angewiesenen oder bewilligten Aufenthaltsorte zum regelmäßigen Besuche
der Kirche ihrer Confession und der Schule anzuhalten, und aus der leßteren
auch nach zurückgelegtem vierzehnten Lebensjahre nicht eher zu entlassen, als
bis sie sich nach dem Erkenntnisse der Schulbehörde das erforderliche Maaß
von Schulkenntnissen erworben haben. Die gemeinschaftlichen Unter= und
Ober-Aemter haben über der genauen Vollziehung dieser Vorschrift mit ganz
besonderer Sorgfalt zu wachen.
9) Ueber der Vorschrift des Eirkular-Rescripts vom 9. September 1824, nach
welchem von mehreren Söhnen eines mir einem herumziehenden Gewerbe sich
nährenden Vaters nicht mehr als Einem der Vetrieb eines Gewerbes dieser
Art gestattet werden soll, ist besonders auch in Beziehung auf die nachwach-
senden Söhne der JZigeuner mit Strenge zu halten. Dagegen haben die
Bezirksämter mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln dahin zu wirken,
daß die nachwachsenden Zigeuner zum Landbau oder zu geordneten Gewerben
erzogen werden. Die Leistung der hiezu erforderlichen Beiträge von Seite
der zur nothdürftigen Unterstützung der betreffenden Individuen verpflichteten
Orts= und Bezirks-Cassen darf von den betreffenden Körperschaftsstellen um
so bestimmter erwartet werden, als sie durch. solche Leistungen eine größere
Last, welche in der Zukunft die Unterhaltung des zu keinem ordentlichen Er-
werbe befähigten Zigeuners ihnen verursachen moͤchte, von sich abwenden koͤnnen.