Full text: Ergänzungsband zum Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1838. (15a)

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g. 6. 
Privat-Seelsorge, Kranken-Besuche, Verhalten gegen einzelne Parteien und Glicder der Gemeinde. 
Der Religions-Lehrer soll ein geistlicher Vater seiner Gemeinde seyn; darum 
macht die Privat-Seelsorge in ihrem ganzen Umfange einen bedeutenden Their 
seines. Wirkungskreises aus. Er beobachte daher die Denk= und Handlungsweise, 
die Lebensart, Sitten, Gewohnheiten, Meinungen, besonders auch die Kinderzucht der 
Gemeindeglieder, die Lagen, Verhältnisse und Umstände, die auf ihre Ansichten und 
ihren Charakter einwirken, und suche sich eine moglichst genaue Kenntniß von den. 
selben zu verschaffen. Er benüte jede sich darbietende Gelegenheit, namenrlich die 
Besuche in den Häusern, die persnlichen Anmeldungen zur Abendmahls-Feier, um 
an Einzelne nach ihrem Bedürfnisse Worte der Liebe und des Ernstes, der Warnung 
und Ermahnung, der Aufrichtung und des Trostes zu sprechen. Und da nicht nur 
das leibliche Wohl mit dem geistigen in enger Verbindung steht, sondern auch das 
Zutrauen zu dem Geistlichen durch seinc freundliche Theilnahme an den dußeren 
Angelegenheiten der Pfarrgenossen verstärkt wird, so leiste er ihnen durch Rarh und 
That allen möglichen Beistand. Bei der Erfüllung dieser Pflichten muß er jedoch 
mit der nöthigen Vorsicht und Klugheit zu Werke gehen, sich besonders vor leicht, 
gläubiger Aufnahme von Klatschereien, vor einseitigen und ungeprüften Urtheilen 
über einzelne Personen, vLor ungebetener und unbescheidener Einmischung in häusliche 
und Familien-Angelegenheiten, vor Neugierde und Vorwiß, vor einer unzeitigen 
Geschäftigkeit und unangemessenen Hülfsleistungen hüten. 
Der Armen und Dürftigen nehme er sich mit Liebe undThärigkeit an 
suche aber auch den Quellen und Fehlern der Armuth, der Trägheit und dem Mußig= 
gange, entgegenzuwirken. 
Zu der Privat-Seelsorge gehdren besonders auch die Kranken-Vesuche, denen 
sich der Geistliche mit aller Gewissenhaftigkeit zu unterziehen hat. Er nahe sich nicht 
nur jedem Krankenbette, zu welchem er gerufen wird, ohne Weigerung und Verzöge- 
rung, sondern wecke und erhalte auch die Meinung von sich, daß er diese Pflichr 
gerne erfülle, und gehe selbst ungerufen zu Kranken, von welchen er sich eine freund- 
liche Aufnahme versprechen darf. Ernst und Liebe, Freimüthigkeit und Freundlich- 
keit begleiten ihn zum Krankenlager. Die Warnungen und Ermahnungen, die Trö- 
stungey und Erquickungen des Evangeliums lege er dem Herzen und Gewissen der
	        
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