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Ehe= und Ehegerichts-Ordnung Thl. II., Cap. 8, &. 5 für Ehe-Dispensationsfälle vor-
geschriebenen Kirchenopfers von 1 fl. 30 kr. eine verschiedene Behandlungsweise vorwalte.
Da nun die Praxis des ehemaligen Herzoglichen Ehegerichts die unbestimmte
Vorschrift dieser Geseßesstelle vorlängst dahin festgestellt hatte: daß der Ansat jenes
Kirchenopfers bei Verwandtschafts-Dispensationen für Geschwisterkinder und für solche
Personen Statt finde, welche in Verwandtschafts= oder Schwagerschafts-Verhältnissen
stehen, die nach der Ehe-Ordnung indispensabel gewesen, und erst durch das General-
Rescript vom 4. März 1798 dispensabel geworden sind, und es hiebei vorerst und
bis zu anderweiten geseßzlichen Bestimmungen sein Bewenden zu behalten hat; so
wird der Senat angewiesen, hiernach sämtliche gemeinschaftliche K. Oberamtsgerichte.
zu ihrer Nachachtung zu bescheiden.
10) Erlaß des K. Justiz-Ministerium an die ehegerichtlichen Senate
der K. Gerichtshöfe, vom 16. November 1829 (zugleich dem K. Ober-
Tribunal mitgetheilt),
betreffend: die Vollziehung des dritten Zwangsgrades gegen widerspenstige Ehegatten in den Bezirks-
Gesängnissen.
Dem Senate wird erinnerlich seyn, welche Rücksprache mit demselben der ehe-
gerichtliche Senat des K. Ober-Tribunals in Folge eines Ministerial-Erlasses über
die für die Zukunft zu Erstehung des dritten Zwangsgrades widerspenstiger Ehegatten
anzuweisenden Lokalitäten gepflogen hat.
Nachdem hierauf jener Senat seine gutächtliche Ansicht hierüber dahin abge-
geben hat, daß einerseits die rechtliche Zulässigkeit einer Veränderung des seither
zu Vollziehung des gedachten Zwongsgrades in dem Waisenhause zu Stuttgart ver-
wendeten Lokals, da die Bestimmung des leßteren auf keiner Vorschrift des Ge-
sehes C(vergl. Ehegerichts-Ordnung Thl. II., Cap. 10, K. 1), sondern lediglich auf Rück-
sichten vermeintlicher Zweckmäßigbeit und vorübergehender Convenienz beruht habe,
im Allgemeinen keinem Bedenken unterliege, andererseits es am angemessensten
wäre, für die Zukunft die Anordnung zu treffen, daß auch der dritte Zwangegrad,
gleich dem ersten und zweiten in den bezirksgerichtlichen Eivil-Gefängnissen, unter
Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen dieser Art der Freiheits-Entziehung und
dem bisherigen vierwöchigen Aufenthalte in dem Waisenhause zu Stuttgart, erstanden