170
Art. 232.
II. Verheimlichung der Geburk.
Eine Person, welche ihre Niederkunft verheimlicht, ist,
1) wenn sie dieses in der Absicht gethan hat, um ihr Kind zu tödten oder auszu-
setzen, die Ausführung dieses VorsaWes aber wegen äußerer Hindernisse (vergl.
Arr. 75) unterblieben ist, mit Arbeitshaus zu bestrafen; sollte jedoch die Ver-
heimlichung nur in der Absicht geschehen seyn, das Kind ohne Gefahr für dasselbe
(Art. 257) auszusehen, so bann auf Kreisgefängniß erkannt werden.
2) Ist eine hülflose Niederkunft erfolgt und hierdurch allein oder unter Mitwirkung
anderer fahrläßiger Handlungen oder Unterlassungen die todte Geburt oder das
Absterben des Kindes veranlaßt worden, so soll die Mutter, wenn sie bei der
hülflosen Niederkunft die Absicht hatte, das Kind zu tödten, mit Einjährigem
Arbeitshause bis achtjährigem Zuchthause, falls nur eine Aussetzung beabsichtigt
wer, mit Arbeitshaus, und wenn auch eine solche Absicht nicht vorhanden gewesen,
mit Kreisgefängniß, nicht unter sechs Monaten, bestraft werden.
Die Niederkunft ist verheimlicht, wenn die Gebárende unter Umständen, wo sie
zu der Entbindung den Beistand einer andern Person haben konnte, entweder ohne
Beiseyn Anderer, oder nur in Gegenwart mit ihr einverstandener Personen, geboren hat.
III. Abtreikung der Leibesfrucht.
Art. 255.
Wenn eine Mutter, welche mit einem unzeitigen oder einem todten Kinde nieder-
gekommen ist, zuvor dußere oder innere Mittel, welche eine zu frühzeitige Entbindung
oder den Tod der Frucht im Mutterleibe bewirken bönnen, in der Absicht angewendet
hatte, eine solche Wirkung hervorzubringen, so ist dieselbe mit Arbeirshaus, nicht
unter drei Jahren, zu besirafen.
Wäre jedoch zur Gewißheit gebracht, daß die vorzeitige Niederkunft oder der
Tod der Frucht im Mutterleibe nicht durch jene Mittel herbeigeführt worden ist,
so kommt der Art. 64 dieses Gesetzbuches zur Anwendung.
Art. 254.
Gleiche Strafen treffen Denjenigen, welcher eine solche Handlung (Art. 233)
an einer Schwangeren mit deren Einwilligung vorgenommen hat.
Geschieht dieß gewerbsmäßig, so findet achtjährige bis zwölfjährige Zuchthaus-
strafe Statt.