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diese ertheilt ist, ein Exemplar von dem Pfleger, das andere von dem Lehrherrn zur Hand
genommen und aufbewahrt werden.
Nach Beendigung der Lehrzeit soll der Pflegsohn in der Regel auf die Wanderschaft
geschickt, und hiezu mit der ersorderllchen Kleidung und sonstigen unentbehrlichen Bedürfnissen
versehen werden. "
G. 8.
Beschäftigung der Pflegtöchter nach Beendigung der Schuljahre.
Die Pflegtöchter sollen nach Maaßgabe ihres Standes und Vermögens zu Erlernung
anständiger weiblicher Geschäfte angehalten und, falls solches ibren Verhältnissen angemessen
ist, in Diensten bei ehrbaren Personen untergebracht werden. Einen eigenen Haushalt zu
führen, ist ihnen ohne dringende Noth nicht zu gestatten.
’ §.9·
Auslagen für die Pflegkinder, besonders in außerordentlichen Fällen.
Ein Pfleger hat Sorge zu tragen, daß an seinem Pfleglinge in gesunden und kranken
Tagen nichts versäumt werde, und auch die hiedurch erwachsenden Auslagen zu bestreiten.
Wenn jedoch dergleichen Auslagen im Verhaͤltnisse zum Vermögen und zu den Einkünften
des Pfleglings von erheblichem Belange sind; so soll der Pfleger hievon der Vormundschafts-
Behörde vorgängige Anzeige machen, und deren Genehmigung abwarten.
K. 10. «
Verheirathung der Pfleglinge.
Wenn die Pfleglinge zu ihren mannbaren Jahren gelangen; so soll der Pfleger sie
nicht aus eigennützigen und sonst unredlichen Absichten zu einer unpassenden Heirath veranlas-
sen, noch zugeben, daß ste durch Andere dazu verleitet werden; vielmehr soll er ihnen zu einer
anständigen und ihrem Stande gemäßen Verheirathung, nach ihrer Neigung, mit Gutheißen
der Verwandten und nach Befinden unter Zustimmung der Vormundschafts-Behörde, förder-
lich seyn.
Drittes Kapitel.
Von der Verwaltung des Pfleg-Vermögens.
G. 11.
Pflicht des Pflegers bei einem Erbschafts-Anfalle. -
Wenn einem Pflegling eine Erbschaft angefallen ist; so soll der Pfleger zu rechter Zeit
auf die Inventur und Theilung dringen, der Verhandlung hierüber, so weit es nöthig, selbst
anwohnen und hiebei des Pfleglings Interesse gewissenhaft wahren.