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halb angeftellten Proben sollen, nebst der übrigen korperlichen Beschaffenheit des Kindes,
umständlich zu Protokoll beschrieben werden.
Art. 108.
Bei dem Verdacht einer Vergiftung hat der Untersuchungsrichter insbesondere dafür zu
sorgen, daß das Gift in dem Körper aufgesucht und chemisch geprüft werde.
Diese Prüfung ist auch mit allen verdächtigen Stoffen anzustellen, welche in der Woh-
nung des Verstorbenen, in den noch übrigen Speisen u. dergl., oder auch bei dem Verdächtigen
selbst gefunden werden.
Art. 109.
Zur Vollständigkeit der Leichenschau gehört die Oeffnung des Kopfes, der Brust und
des Unterleibes.
Der Untersuchungsrichter, welcher die Aerzte hiezu aufzufordern unterlassen, oder der Arzt,
welcher der Aufforderung des Untersuchungerichters pflichtwidrig entgegen gehandelt hat, ist
nach Umständen mit einer Geldstrafe von fünf bis hundert Gulden zu belegen.
Doch entsteht aus einer solchen Unterlassung keine Nichtigkeit und kein Mangel an dem
Beweise des Thatbestandes, wosern die Täödtlichkeit ver Verletzung nur sonst keinem gegründe-
ten Zweifel unterliegt.
Art. 110.
Ueber den Befund der Leichenschau haben die Aerzte ein schriftliches Gutachten abzufassen.
Dieses Gutachten muß, was die Todesursache betrifft, eine bestimmte Erklärung darüber
enthalten:
1) ob es gewiß sey, daß die am Leichname bemerkten Verletzungen den Tod herbeige-
führt haben oder voch herbeigeführt haben würden, wenn derselbe nicht durch ein an-
deres Ereigniß zeitiger bewirkt worden wäre; oder
2) ob, wenn auch nicht Gewißbeit, so doch Wahrscheinlichkeit biefür vorliege.
Art. 111.
Hiebei sind namentlich folgende Punkte zu beantworten:
1) ob die vorgefundenen Verletzungen ihrer allgemeinen Natur nach oder nur wegen
der eigenthümlichen Leibesbeschaffenheit des Verletzten, oder wegen der zufälligen Um-
stände, unter welchen sie ihm zugefügt worden, Ursache des Todes gewesen sepen oder
gewesen seyn würden?