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Achtes Kapitel.
Von dem Schlußverfahren und der Vertbeidigung.
Art. 251.
Das Schlußverfahren wird bei Verbrechen, welche mit einer geringeren als mit Zucht-
bausstrafe zu ahnden sind, vor dem Untersuchungs-Gerichte, bei Verbrechen, auf welchen nach
den Umständen des einzelnen Falls Zuchthaus oder höhere Strafe steht, vor dem erkennenden
Gerichte abgehalten.
Art. 252.
Dem Angeschuldigten steht es frei, sich einen Vertheiviger zu wählen.
Ist er minderjährig oder wegen Geistesschwäche unter Vormundschaft gestellt; so sind,
auch ohne sein Verlangen, diejenigen, welche kraft elterlicher oder vormundschaftlicher Gewalt
seine Person zu vertreten haben, zu einer solchen Wahl befugt.
In schweren Straffällen (vergl. Art. 251.) soll dem Angeschuldigten, auch wenn er
und sein etwaiger Vertreter auf die Beiziehung eines Vertheivigers verzichten wollte, ein sol-
cher von Gerichtswegen bestellt werden. Eine Ausnahme findet nur statt, wenn der Angeschul-
digte freizusprechen ist. (Art. 263. Abs. I.)
Art., 255
Der Angeschuldigte, zutreffenden Falls sein Vertreter, ist in der Wahl der Person des
Vertbeidigers aus der Zahl der öffentlichen Rechtsanwälte nicht beschränkt, wenn er die fest-
gesetzte Gebühr zu entrichten vermag. Auch kann sich der Angeschulvigte eines anderen geprüf-
ten Rechtsgelehrten bedienen, wofern er zu solchem in verwandtschaftlichen oder freundschast-
lichen Beziehungen steht und das erkennende Gericht, so wie bei Staatsdienern die Letzteren
vorgesetzte Dienstbehsrde, ihre Genehmigung ertheilen. 4
Die Kosten der nothwendigen Vertheidigung eines vermögenslosen Angeschuldigten trägt
die Stagtskasse in der Art, daß dem Vertheidiger neben der Entschädigung für etwa erforder-
liche Reisen die ordnungsmäßige Gebühr gewährt wird.
Zur Uebernahme einer nothwendigen Vertheidigung sind erforderlichen Falls die Proku-
ratoren und Rechts-Consulenten des Kreises, in welchem die Untersuchung geführt wird, nach
bestimmter Reihenfolge verbunden. ç.
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