1709
B) Gesetz
über Nachtragsbestimmungen zu dem Gesetze in Betreff einiger Abänderungen und Ergänzungen
des Polizeistrafgesetzes.
Wilheim,
von Gottes Gnaden König von Württemberg.
Nach Anhörung Unseres Geheimen-Rathes und unter Zustimmung Unserer getreuen
Stände verordnen und verfügen Wir nachträglich zu dem das Polizeistrafgesetz vom 2. Ok-
tober 1839 in einzelnen seiner Bestimmungen abändernden und ergänzenden Gesetze vom
2. Mai 1852, wie folgt:
Art. 1.
Den Kreisregierungen steht die Befugniß zu, unter den nachstehenden Bestimmungen auf
körperliche Züchtigung zu erkennen.
Die den Vorstehern der Zuchtpolizeihäuser gegen die Gefangenen zukommenden Diceipli-
narbefugnisse werden auch den Vorstehern der polizeilichen Beschäftigungs-Anstalten gegen die
Eingesprochenen eingeräumt.
Art. 2.
Körperliche Züchtigung ist nach vorgängiger gutächtlicher Aeußerung des Oberamts-, be-
ziehungsweise des Hau-Larztes zuläßig:
1) als Surrogat für verwirkte Freiheitsstrafe,
2) als Strafschärfung, und
3) als Ordnungsstrafe gegen Gefangene und gegen die in polizeiliche Beschäftigungs-
Anstalten Eingesprochenen.
Die Zahl der Streiche, welche sich auf nicht mehr als fünfundzwanzig belaufen darf,
ist in dem Urtheil zu bestimmen.
Die Vollziehung geschieht nicht öffentlich und nur unter Aufficht des Oberamts und in
der Beschaͤftigungs-Anstalt des Vorstehers derselben, sowie in Gegenwart von zwei Urkunds-
Personen und eines Arztes oder Wundarztes.
Art. 3.
Als Surrogat für verwirkte Freiheitsstrafe in deren ganzem Umfang oder auch nur in
Beziehung auf einen Theil verselben, sowie als Schärfung der Freiheitsstrafe kann in den
zum Erkenntnisse der Kreisreglerung erwachsenen Rückfällen, wofern die neue Uebertretung
in beharrlicher Arbeitsscheu oder Genußsucht ihren Grund hat, oder einen höhern Grad von
Bosbeit oder Verdorbenheft kund gibt, auf körperliche Züchtigung gegen Bettler, Landstrei-