Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1868. (45)

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Art. 201. 
Der Vorsitzende hat durch Befragung der Parteien und ihrer Prozeßbevollmächtig- 
ten darauf hinzuwirken, daß unklare Gesuche erläutert, ungenügende Angaben der geltend 
gemachten Thatsachen ergänzt und die Beweismittel bezeichnet, überhaupt alle zur Fest- 
stellung des Sachverhalts nöthigen Erklärungen abgegeben werden. 
Auch jedes Mitglied des Gerichts kann zu diesem Zwecke Fragen stellen. 
Die von den Parteien angeregten Fragen sind durch den Vorsitzenden zu stellen. 
Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet das Gericht. 
Art. 202. 
Erachtet das Gericht die Befragung einer in der Gerichtssitzung nicht persönlich an- 
wesenden Partei für angemessen, so hat der Vorsitzende das Erscheinen derselben anzu- 
ordnen. 
Ist die zu befragende Partei am Erscheinen in der Gerichtssitzung verhindert, oder 
ist ihr Erscheinen wegen größerer Entfernung ihres Aufenthaltsortes vom Gerichtssitze 
mit besonderer Beschwerde verbunden, so kann ihre Befragung einem Mitgliede des 
Prozeßgerichts oder dem Gerichte ihres Aufenthaltsortes übertragen werden. In diesem 
Falle sind die an die Partei zu stellenden Fragen in der Verfügung zu bezeichnen und 
der Partei bei der Vorladung schriftlich mitzutheilen; der befragende Richter kann jedoch 
auch weitere Fragen, welche nach den Erklärungen der Partei angemessen erscheinen, an 
diese richten. 
Diese Bestimmung findet auch auf Minderjährige und wegen Verschwendung Be- 
vormundete in Ansehung ihrer eigenen Handlungen und Wahrnehmungen, sowie auf die 
gesetzlichen Vertreter derjenigen Personen Anwendung, welchen die Fähigkeit vor Gericht 
zu handeln mangelt. 
Art. 203. 
Wenn eine Partei die ihr gestellte Frage nicht oder nicht bestimmt beantwortet, so 
wird die Frage als auf die dem Gegner vortheilhaftere Weise beantwortet angesehen. 
Diese Vorschrift findet auch Anwendung, wenn eine zum Zwecke persönlicher Be- 
fragung vorgeladene Partei ohne genügende Gründe ausbleibt, sofern ihr die zu stellende 
Frage vorher schriftlich mitgetheilt worden ist. 
Art. 204. 
Zur Aufklärung der Sache kann der Vorsitzende anordnen, daß jede Partei die in
	        
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